Horvat: Wir werden Europa nicht wiedererkennen

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DiEM25-Mitgründer Srećko Horvat sieht Europa in einem düsteren Prozess der Normalisierung. Hier ein Auszug aus einem Interview mit der französischen Internet-Zeitung Mediapart:

Interviewer: Wenn die Institutionen der EU nicht reformiert werden, wie sehen Sie dann die Zukunft der EU? Wenn es auch wie Science Fiction anmuten mag, können Sie sich vorstellen, wohin dieses Europa der mehreren Geschwindigkeiten führen könnte? Wird es weitere Abspaltungen wie den Brexit geben?
Srećko Horvat: Ich glaube, das ist schon kein Science Fiction mehr. Wir befinden uns bereits mittendrin. Alles, was wir heute sehen, wird sich fortsetzen. Wir werden weiterhin Situationen wie in Hamburg [G20 Gipfel] erleben: es wird nicht mehr die Ausnahme sein, sondern die Regel. In Frankreich kennen Sie dies bereits, wo nun bereits seit zwei Jahren der Ausnahmezustand gilt. Wir sind in einem Prozess der Normalisierung.
Die beste Beschreibung dieser Normalisierung findet man im Buch Roman eines Schicksallosen von Imre Kertész, wenn er im letzten Kapitel schreibt, dass Konzentrationslager nicht auf einmal sondern Schritt für Schritt erbaut werden. Er dekonstruiert die Idee, dass eine große Katastrophe die Ursache ist, die niemand vorhersehen konnte. Das, was heute in Europa passiert, ist genau dieser Prozess der Normalisierung, wo wir Schritt für Schritt die Entscheidungen treffen. Zunächst bauen wir Grenzmauern in Ungarn, dann richten wir ausgefeiltere Überwachungssysteme gegen Geflüchtete ein, wie in Calais geschehen, schließlich verbreitet sich der Terrorismus in Europa… Man muss sich nicht Europa 2025 vorstellen, es reicht, wenn man sich Europa nächstes Jahr vorstellt. Bald werden wir es nicht mehr wiedererkennen. Alles, was uns ungewöhnlich und unnatürlich vorkam, wird Normalität werden. Das ist es, was mir am meisten Sorgen bereitet. Man wird es uns zunehmend als natürlich darstellen, dass Geflüchtete deportiert werden müssen, Kriege geführt werden müssen, die Arbeitsmärkte liberalisiert werden müssen. Das ist die größte Gefahr: dass wir diese historischen politischen Entwicklungen als natürlich empfinden.

Das vollständige Interview gibt es auf Französisch auf Mediapart zu lesen.

Bundestag

Bundestagswahl 2017: 8 Vorschläge für Deutschlands Progressive

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Deutschland ist der Dreh- und Angelpunkt des europäischen Projektes – oder sollte es zumindest sein . Aber das Projekt ist gefährdet, weil es politisch nicht gelingt, die Interessen der meisten Deutschen mit den Interessen der meisten anderen Europäer*innen in Einklang zu bringen. Deshalb braucht Deutschland neue Vorstellungen und politische Programme, die einen neuen Antrieb für die europäische Politik geben – einer Politik, die das gemeinsamen Interesse einer Mehrheit von Europäer*innen sichtbar macht und ihnen eine neue Stimme gibt.
Aber wer wird diese neuen Vorstellungen und politischen Programme verbreiten? Bis jetzt war der Wahlkampf in diesem Sinne nicht sehr ermutigend.
Also hat DiEM25 sich der Sache angenommen und vor der Bundestagswahl am 24. September mehrere Aktionen gestartet.
Und zwar so:
Wir haben ein Dokument mit 8 Vorschläge unter den deutschen Mitgliedern und Lokalgruppen (DSCs) zirkuliert. Diese haben das Dokument diskutiert, es bei öffentlichen Veranstaltungen eingebracht, es redigiert, und – was am wichtigsten ist: sie sind in Kontakt mit ihren Parteien und Bundestagskandidierenden getreten.
Zudem bestätigen unsere deutschen Aktivisten in den nächsten Tagen eine Liste progressiver Kandidaten, die sich persönlich zu den grundlegenden Ideen von DiEM25 bekannt haben. Wie auch bei der französischen Parlamentswahl im Juni werden wir diese Liste auf diem25.org veröffentlichen und regelmäßig aktualisieren.
Unten finden Sie unser ursprüngliches Diskussionsdokument, “8 Vorschläge für Deutschlands Progressive.”


8 Vorschläge für Deutschlands Progressive

Einführung

Deutschland ist der Dreh- und Angelpunkt des europäischen Projektes – oder sollte es zumindest sein Aber das Projekt ist gefährdet, weil es politisch nicht gelingt, die Interessen der meisten Deutschen mit den Interessen der meisten anderen Europäer*innen in Übereinstimmung zu bringen. Alle Sätze, die mit “die Deutschen…” beginnen, ob sie eine positive oder negative Bewertung enthalten, sind irreführend, verallgemeinernd und und untergraben letztendlich das gemeinsame Interesse einer Mehrheit der Europäer*innen und fortschrittlicher Politik überhaupt.

Wir haben DiEM25 ins Leben gerufen, um neue Vorstellungen und politische Programme anzubieten, die einer neuen Politik in Europa Antrieb geben und dem gemeinsamen Interesse einer Mehrheit von Europäer*innen Sichtbarkeit und Stimme geben sollen. Deshalb ist Deutschland zentral für die Politik von DiEM25. Es war kein Zufall, dass DiEM25 in Berlin gegründet wurde.

Für progressive Kandiat*innen der im September bevorstehenden Bundestagswahlen hat DiEM25 die folgenden acht Vorschläge.

 

  1. Zu Deutschlands Modell der sozialen Marktwirtschaft

Deutschland wurde weltweit beneidet um seinen Sozialvertrag, welcher der Arbeiterklasse starken Schutz bot (und Sitze in den Aufsichtsräten großer Firmen) gegen die Vereinbarung flexibler Regeln im Umfeld der freien Marktwirtschaft, unter denen die Unternehmen arbeiten können. Zusammen mit lokalen Banken, verknüpft mit Industrien verschiedener Größen und unter positiven globalen Rahmenbedingungen konnte sich das sogenannte ‘Deutsche Wirtschaftswunder‘ entfalten.

Seit der Schaffung des Euro und der durch ihn verursachten Bankenkrise wurde Deutschlands wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit allerdings zunehmend auf Kosten des deutschen Modells der Sozialen Marktwirtschaft erkauft. Die Präkarisierung vieler Arbeiter*innen, der Druck auf die Löhne, die Verdoppelung der Quote von Erwerbsarmut, die zunehmend zuversichtlichen Versuche der Christdemokraten, die Sozialausgaben und öffentliche Investitionen zu begrenzen – all diese Entwicklungen verändern still das deutsche Modell der Sozialen Marktwirtschaft in eine Mogelpackung, die nur noch ferne Ähnlichkeit hat mit dem, was deutsche Sozialdemokraten einst glaubten, erreicht zu haben. Außerdem werden derzeit weitere ‘Strukturreformen’ in anderen Gegenden der Eurozone getestet, die die Lebensperspektiven von Millionen Deutschen künftig noch mehr einschränken werden.

 

Wir rufen fortschrittliche Kandidat*innen zur Bundestagswahl auf:

Machen Sie den Menschen in Deutschland klar, dass die (begrenzten) Errungenschaften des deutschen Modells ernsthaft bedroht sind und dass darüber hinaus die Entwicklungen im Rest der Eurozone den Abbau der deutschen Tradition der Sozialen Marktwirtschaft ermöglichen. Deren Verteidigung und die notwendigen Verbesserungen von Deutschlands sozialdemokratischen Institutionen und Modellen gehen Hand in Hand mit dem Widerstand gegen die Politik der Koalition in der Eurozone.

 

  1. Zum Euro

Fortschrittliche deutsche Kandidat*innen läuten bereits die Alarmglocken quer durch die Bundesrepublik, um die Wähler*innen vor einer groben und gefährlichen Unwahrheit zu warnen: der Vorstellung, Deutschland sei gut durch die Eurokrise gekommen und seine Führung habe die europäischen Herden in dieser Zeit wohlbehalten und klug geleitet. Aus einem einfachen Grund: genau das Gegenteil war der Fall. Als Ergebnis der Krise ist Deutschland viel schwächer und Europas Auflösungsprozess in einem fortgeschritteneren Stadium genau wegen der Führungsfehler der deutschen Regierung bei der europäischen Sozialwirtschaft und ihren Ressourcen.

Ja, es ist wahr, dass die Krise dem Bund einen großen Gewinn beschwert hat (durch das massive Niederhalten von Zinsraten um Deutschlands Schulden zu verringern) und einen riesigen Kapitalzufluss bei den Frankfurter Banken (durch die Kapitalflucht aus schwächeren Wirtschaften, und der Furcht ihrer Bürger*innen vor Grexit, Italexit etc.). Aber diese Gewinne sind ein Zeichen von Schwäche, nicht Stärke. Sie sind ein Zeichen von aktuellen und künftigen Belastungen für die Mehrheit der Deutschen. Dass die deutsche Führungsschicht sie als Beleg wirtschaftlicher Gesundheit feiert, setzt der Sache die Krone auf.

Wenn ein Land wie Deutschland den niedrigsten Stand von Investitionen (in Prozent des Volkseinkommens) meldet in einer Zeit, in der Investoren ihre Regierung für Kreditaufnahmen bezahlen und die Rücklagen den höchsten Stand in der Geschichte des Landes erreichen…

Wenn die Eliten dieses Landes darauf bestehen, dass die vielen verschiedenen Überschüsse aufrechterhalten werden müssen durch weitere Lohneinsparungen bei der ausgequetschten deutschen Arbeiterklasse, auch als Druckmittel gegen die französische und italienische Arbeiterklasse und Ausrede für die Regierungen Frankreichs und Italiens, jeweils ihre Arbeiter*innen auszuquetschen…

Wenn in einem Land wie Deutschland jeder spart (Regierungen, Familien und Firmen sparen mehr als sie ausgeben/investieren) und dann gezwungen werden, ihre schwer verdienten Ersparnisse anderen Ländern anzuvertrauen, die dann mit Hilfe von Sparpolitik und Drohungen kontrolliert werden müssen…

Wenn ein alterndes Land, welches eigentlich für seine Zukunft vorsorgen sollte, eine Wirtschaft hervorbringt, die die Zinsraten ins Minus schiebt und damit die eigenen Ersparnisse dezimiert…

Wenn all das passiert, ist klar, dass das betreffende Land Probleme hat.

 

Wir rufen fortschrittliche Kandidat*innen zur Bundestagswahl auf:

Machen Sie deutschen Wähler*innen den grundlegenden Punkt bewusst:
Das ist unser aller gemein
same Sache! Kein Land ist vor der Krise gefeit. Deutschland kann sich nicht auf seinen Überschüssen ausruhen, ohne seine Arbeitnehmer und seine Altersversorgung zu ruinieren. Wenn das Gleichgewicht unserer Währungsunion erheblich gestört ist, wird die Not von allen schwächeren Bürger*innen überall getragen – egal, ob sie in einem Land des Überschusses oder des Defizits leben.

 

  1. Zum Europäischen New Deal

Weil das alles unsere gemeinsame Sache ist, weil es keine Lösung für Italiens oder Griechenlands Probleme geben kann, die nicht auch ein Ende für deutsche Minijobs, ‘Uberisation’, Unterinvestition etc. beinhaltet, braucht Deutschland einen Europäischen New Deal.

Bisher ist die Mehrheit der Deutschen überzeugt, dass ein Europäischer New Deal bedeutet, Deutschland zahlt für den Rest von Europa. Wenn sie denken, Deutschland sei reich, aber nicht reich genug dafür, haben sie recht. Sie haben nicht recht, wenn sie glauben, ein Europäischer New Deal bedeutet, dass deutsche Steuerzahler mehr zahlen müssen um die Sozialfürsorge, Investitionsprojekte und Bankensysteme für den Rest Europas zu finanzieren. Um das zu veranschaulichen und die Schritte dahin, hat DiEM25 sein ‘Europäischer New Deal‘ Papier entwickelt. 

 

Wir rufen fortschrittliche Kandidat*innen zur Bundestagswahl auf:

Initiieren Sie eine große soziale, politische und kulturelle Debatte zur Idee eines Europäischen New Deal, und benutzen Sie unser ‘Europäischer New Deal’ Strategiepapier als Grundstruktur für diese Umgestaltung.

 

  1. Zur europäischen Demokratie

Die meisten Deutschen möchten Teil eines demokratischen Europas sein. Aber gleichzeitig fürchten die meisten deutschen Bürger*innen, dass sie sich den Preis für eine demokratische EU, der von ihrem Land erwartet wird – wie reich es auch sein mag – nicht leisten können.

Mit seinem New Deal für Europa sieht DiEM25 das keineswegs so! In Wirklichkeit ist der Preis für den Mangel an funktionierender Demokratie auf EU-Ebene, den die Mehrheit der Deutschen heute zahlt, hoch und darüber hinaus verschwendet. Um mit unserem New Deal für Europa über die Politik von Angst und Hoffnungslosigkeit hinaus zu kommen, sollten Deutschlands Progressive auch die Idee einer verfassungsgebenden Versammlung diskutieren, die das Manifest von DiEM25 vorsieht. Damit kann ein breiter sozialer, politischer und kultureller Prozess zu einer ordentlichen demokratischen europäischen Verfassung geöffnet werden.

 

Wir rufen fortschrittliche Kandidat*innen zur Bundestagswahl auf:

Eröffnen Sie die Diskussion über die Idee eines Prozesses hin zu einer europäischen verfassungsgebenden Versammlung und über eine demokratische europäische Verfassung.

 

  1. Zum grünen Wandel

Deutschlands Regierungen und Industrie haben große Schritte bei der Herstellung und Förderung erneuerbarer Energien, Recycling und generell ‘grünen’ Verfahren unternommen. Aber der Schlüssel zum grünen Wandel, den Europa und der Planet benötigen, sind massive Investitionen. Und massive Investitionen in grüne Technologien und Zukunftsprozesse sind unmöglich jenseits der makrofinanziellen Strukturen der Agenda des New Deal für Europa, wie sie DiEM25 zusammenfasst.

 

Wir rufen fortschrittliche Kandidat*innen zur Bundestagswahl auf:

Vertiefen und erweitern Sie Ihr Engagement für den sozial-ökologischen Wandel, indem Sie eine Agenda stärken, die das Ende der Sparpolitik, die Finanzregulierung und grüne Investitionspolitik vereint und deshalb als Struktur dieses Wandels dienen kann.

 

  1. Zu technologischer Unabhängigkeit

Die deutsche Industrie ist stolz auf ihre technologische Fortschrittlichkeit. Wenn es allerdings um Digitaltechnologien geht, sind Deutschlands Firmen, Gesellschaft und Regierung trotz ihrer industriellen Expertise in einer Weise abhängig von Silicon Valley, die die technologische Unabhängigkeit schädigt.

 

Wir rufen fortschrittliche Kandidat*innen zur Bundestagswahl auf:

Legen Sie Ihren Wähler*innen dar, dass Europas technologische Zukunft nicht deutschen und amerikanischen Multis überlassen werden darf. Unsere Wirtschaft und tatsächlich auch unsere Demokratien sind angewiesen auf die Entwicklung von Open Source Produkten, die unsere Produktivität und unsere Kooperationsfähigkeit steigern, ohne dass uns die neuesten Formen von Weltmonopolen ausbeuten.

 

  1. Zu Flüchtlingen und Migration

Kanzlerin Merkels anfängliche positive Reaktion auf den Andrang syrischer Flüchtlinge im Sommer 2015 wurde diffamiert und herabgewürdigt als spontaner Fehler. Dass sie gegenüber der ‘Realpolitik’ kapitulierte und später den jämmerlichen Vertrag mit dem türkischen Präsident schloss, hat eine nationalistische und rassistische Wende quer durch die deutschen Institutionen vervollständigt.

Aber die Zivilgesellschaft wehrt sich dagegen. Ihr Widerstand muss gefeiert und bestärkt werden!

Wir rufen fortschrittliche Kandidat*innen zur Bundestagswahl auf:

Stellen Sie Frau Merkel zur Rede wegen ihres Verrats an ihrem anfänglichen Instinkt, die Flüchtlinge willkommen zu heißen. Bestärken Sie handfeste Strategien, die diesem Geist treu sind und in Europa einen vernünftigen, menschlichen und realistischen Lösungsansatz verbreiten – nicht nur gegenüber Flüchtlingen, auch gegenüber Wirtschaftsmigrant*innen. Setzen Sie sich dafür ein, dass der Flüchtlingsdeal EU-Türkei beendet wird.

 

  1. Zum Erhalt des Friedens

Kanzlerin Merkel verkündete nach dem jüngsten Treffen mit Präsident Trump, dass Europa seine Zukunft in die Hand nehmen und sich zu seiner Verteidigung nicht mehr auf die Freundlichkeit Fremder verlassen” solle. Das ist richtig. Aber Achtung, Progressive: Wie benötigen keinen europäischen Ersatz für die NATO. Wir wollen keinen europäischen Pakt, der überall Kriegslust und Waffen verbreitet. Wir wollen keine weitere schmähliche europäische Intervention wie in Libyen 2011. Wir wollen keine weitere europäische Drohung, die Putin mehr Ausreden verschafft, gegen russische Demokrat*innen vorzugehen.

Wir rufen fortschrittliche Kandidat*innen zur Bundestagswahl auf:

Verlangen Sie, wie viele Fortschrittliche das bereits tun, dass der Verkauf von Waffen an repressive Regierungen eingestellt wird. Mit seinem Anstieg des weltweiten Waffenhandels um 7 % auf 4.03 Milliarden in der ersten Jahreshälfte 2016 ist Deutschland verantwortlich für Konflikte in aller Welt. Mit Waffenverkäufen an die Türkei, Saudi Arabien, die Vereinigten Emirate, Algerien und weitere Länder ist Deutschland direkter Förderer von Kriegen und repressiven Regimes, deren Folgen Migration und Flüchtlingskrisen sind.

Kämpfen Sie für ein internationalistisches Europa, das Nichteuropäer als gleichwertig achtet. Für ein friedliches Europa, das sich mit allen Mitteln um Deeskalation im Osten und rund um das Mittelmeer bemüht, als Bollwerk gegen Militarismus und Expansionismus steht und sein Engagement durch Einstellung des Waffenhandels unter Beweis stellt. Für ein offenes Europa, das Ideen, Menschen und Inspiration aus der ganzen Welt aufnimmt, Zäune und Grenzen als Zeichen der Schwäche versteht, die Unsicherheit im Namen von Sicherheit verbreiten. Für ein Europa, das endlich seine Verantwortung für die historischen Verbrechen von Kolonialismus und Imperialismus anerkennt. Für ein emanzipiertes Europa, das von Privilegien, Vorurteilen, Entrechtung und Gewaltandrohung Abstand nimmt, allen in Europa freiere Rollenentwicklung erlaubt, die Entfaltung ihres Potenzials genießen lässt und die Freiheit der Wahl ihrer Partner*innen im Leben, der Arbeit und in der Gesellschaft ermöglicht.

 

European Parliament

Warum die europäischen Verträge Europas Bürger/innen hinters Licht führen

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Eines der Ziele der von DiEM25 vorgestellten Progressiven Agenda für Europa ist es, einen verfassungsgebenden Prozess in Gang zu setzen und Ideen für eine paneuropäische Verfassung sowie den Weg zu ihrer Verwirklichung zu entwickeln. Das ist ein langfristiges Unternehmen, aber wir machen Fortschritte und der Diskussionsprozess unter unseren Mitgliedern in ganz Europa ist gut angelaufen. In einem zweiteiligen Beitrag hat Sam Hufton vom Londoner DSC seine Gedanken über einen verfassungsgebenden Prozess in die Diskussion eingebracht. Sam beschäftigt sich zunächst damit, warum die existierenden Verträge für die Bürger/innen von Nachteil sind; danach damit, wie die europäische Idee gerettet werden kann. Hier Teil 1:


Die internationale Dimension

Europas gegenwärtige Schieflage ist eng mit den Widersprüchen und den Missverständnissen in seinem gesetzlichen Aufbau verbunden. Die Analyse der Verträge zeigt, dass sie nur ein schwacher Ersatz für eine wirkliche Verfassung sind; vor allem, weil ihnen das ausschlaggebende Schlüsselelement fehlt: Demokratie.

Die Verträge zwingen uns in ein internationales Denkmuster, in dem Bürger*innen sowohl Beteiligung als auch Regierungskontrolle vorenthalten wird sowie die Möglichkeit zu überblicken, was in ihrem Namen getan wird. Auf diese Weise kann Europas politische Elite die Verfassungsarchitektur genau auf ihre Interessen, wie auch auf jene der Mächtigen, zuschneiden. Der sogenannte “Verfassungsvertrag” verdient besondere Beachtung, da er diese Themen aufgreift und sie als sogenannte “Verfassung” präsentieren möchte – in der Absicht, die Bedeutung von Demokratie umzuschreiben. Wenn wir die Fehler und Widersprüche der Verträge analysieren, wird sichtbar, dass Verträge ungeeignet sind, Europa ein demokratisches Fundament zu geben, sondern seinen Bürger*innen gesetzliche Mitbestimmung und Autorität nimmt. u Statt des internationalen Ansatzes braucht es eine stärker transnational ausgerichtete Perspektive, die den Weg zu einer echten Verfassung freimacht.

Hier der vollständige englische Text.

 
Sam Hufton studiert am King’s College London und ist seit Februar 2016 Mitglied von DiEM25, aktiv im Londoner DSC. Neben seinem Studium schreibt er einen Blog zu europäischer Politik und Geschichte: Evropaïki Dimokratía.
 

Residential neighborhoods in Houston

Europa, wir haben ein Problem: Houston, Mumbai, Niger – alles innerhalb einer Woche

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Die katastrophalen Überschwemmungen in Houston in der Folge von Hurrikan Harvey erinneren uns in erschütternder Weise an die dringende Notwendigkeit, die globalen Treibhausgasemissionen zu reduzieren.
Jede Tonne Kohlendioxid, die – wann und wo auch immer – freigesetzt wird, trägt im selben Ausmaß zur fatalen Erwärmung bei. Eine wärmere Atmosphäre verursacht mehr Wasserdampf über den Ozeanen. Die feuchte Luft nimmt dann ihrerseits mehr Wärme auf und verursacht heftigere Niederschläge. Wir befinden uns bereits auf halbem Weg zur Schwelle der Erwärmung um zwei Grad. Wissenschaftler/innen meinen, dass dies auf gefährliche und unumkehrbare Weise das Klimasystem der Erde destabilisieren kann. Extreme Wetterereignisse werden der neue Normalzustand und gefährden mehr als die Hälfte der Städte weltweit. Die todbringenden Überschwemmungen in Mumbai, in Niger und nun in Houston während der letzten Woche lassen noch mehr gewaltige Stürme erwarten.
Trotzdem handeln und planen weder die Regierungen noch die kohlenstoffintensive Industrie dementsprechend. Das Pariser Klimaübereinkommen, das von fast 200 Nationen unterzeichnet wurde, ist zahnlos. Es beruht auf Freiwilligkeit und es gibt keine verpflichtenden Emissionsgrenzen.
Um von diesem vorgezeichneten Weg der Überschreitung der Zwei-Grad-Schwelle herunterzukommen, ist es nötig, die Systeme zu überdenken und zu ersetzen, die diesen klimatischen und ökologischen Zusammenbruch hervorrufen, verschlimmern und beschleunigen, sowie erzwungene Migration und wachsende Ungleichheit nach sich ziehen. Das erfordert die Umsetzung breit angelegter Lösungen, welche sowohl die Emissionen reduzieren, die Ökonomie von fossilen Energieträgern entwöhnen, massiv grüne Investitionen hochfahren, die Nutzung von erneuerbaren Energieträgern maximieren, den Gesamtverbrauch an Energie minimieren, die Politik und Entscheidungsprozesse offen, transparent und demokratisch gestalten, ein Grundeinkommen garantieren und klimafreundliche Wirtschaftsbereiche (Bildung, Gesundheit, Kunst) erweitern. Diese sich überschneidenden Ziele stehen im Zentrum der Progressiven Agenda für Europa von DiEM25. In Anbetracht des sich schließenden Zeitfensters nimmt sich unsere Bewegung, die erst eineinhalb Jahre alt ist, vor, diese Lösungen vehement einzufordern..
Schließ dich uns an. Mehr denn je werden deine Fähigkeiten und deine Energie benötigt.
 

Orla de Diez, Mitglied des Koordinierungskollektivs von DiEM25

Meet the women and men chosen to guide our movement in the months ahead!

Die Ergebnisse sind da: Diese Leute wurden gewählt, um unsere Bewegung anzuführen

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DiEM25 Mitglieder in ganz Europa und darüber hinaus haben gewählt und ein erneuertes Koordinierungskollektiv (KK) bestimmt.
Wir stellen euch hier die von euch gewählten Frauen und Männer vor, die unsere Bewegung in den kommenden Monaten leiten werden!
 

Yanis Varoufakis, wiedergewählt (88%)
 
Yanis Varoufakis studierte Mathematik und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten von Essex und Birmingham, anschließend unterrichtete er Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten von East Anglia, Cambridge, Sydney, Glasgow, Texas und Athen, wo er weiterhin einen Lehrstuhl in Wirtschaftspolitik und Wirtschaftstheorie innehat. Er ist Ehrenprofessor der Wirtschaftspolitik an der Universität Sydney, Honoris Causa Professor der Rechts-, Wirtschafts- und Finanzwissenschaft der Universität Turin, sowie Gastdozent für Wirtschaftspolitik am King’s College, London. Im Februar 2016 gehörte Varoufakis zu den Gründer*innen von DiEM25.
 
Gianna Merki (56%)
Juristischer Werdegang und MA in Internationalen Beziehungen. NGO Arbeiterin – Amnesty International und Academia do Futuro, Redaktion Handelspolitik bei Politheor – European Policy Network, und Übersetzerin. Berufliche und ehrenamtliche Erfahrungen in NGOs in Portugal, Serbien und Kosovo, befasst mit Menschenrechten, Wahrheit und Versöhnung, Opferschutz und Ausbildungsförderung.
 
Paola Pietrandrea und Marianne Dufour (Stellvertreterin) (55%)
Paola Pietrandrea ist italienische Linguistin in Paris, unterrichtete an den Universitäten Bologna, Roma La Sapienza, Leuven, Nanterre, Roma Tre und Tours, wo sie derzeit als Dozentin für Sprachwissenschaft arbeitet. In ihrem beruflichen und politischen Leben kämpft sie gegen den funktionellen Analphabetismus, der 70 Mio Europäer*innen von einer Beteiligung an der öffentlichen Debatte ausschließt. Aktiv engagiert in der sozialen und kulturellen Integration von Migrant*innen, ist sie Mitgründerin und Koordinatorin des lokalen Verbandes ‘Nogent d’ailleurs’. Im Sommer 2015 schrieb sie ‘Avevamo un’altra meta’, ein Reisejournal durch ein Europa in der Krise. Seit 2016 bei DiEM25: sie koordiniert DSC Paris 1 und ist im frz. Nationalkomitee.
Marianne Dufour koordiniert das DSC Lyon und ist Mitglied des französischen Bundeskomitees. Nach 12 Jahren als Logistikerin und Elektrikerin auf Öl-Untersuchungsschiffen, danach in den französischen polarwissenschaftlichen Stationen in Antarctica, hat Marianne keine Angst, sich in einer Bewegung zu engagieren, die die Demokratisierung Europas anstrebt: technische Herausforderungen und feindliche Umwelten ist sie gewöhnt. Ansässig in der Nähe des Mont Blanc leitet sie Logistikprojekte für Notdienste und organisiert Treks und Bergbesteigungen
 
Srećko Horvat, wiedergewählt (54%)
Geboren 1983 in Osijek (Kroatien), lebte er seit der frühen Kindheit bis in die ersten Jahre der 1990er als politischer Flüchtling in Deutschland. Nach der Rückkehr nach Kroatien absolvierte er Grundschule und Gymnasium sowie die Philosophische Fakultät in Zagreb. Anstatt eine traditionelle akademische Karriere anzustreben, hat er sich an vielen “Occupy”-Bewegungen auf dem Balkan beteiligt und das Subversive Festival in Zagreb gegründet und 2008-2013 geleitet. Er hat mehr als 10 Bücher veröffentlicht, die in mehr als 15 Sprachen übersetzt wurden, zuletzt “Subversion!”, “Was will Europa? – Rettet uns vor den Rettern” (mit Slavoj Žižek), “Radicality of Love” etc. Publiziert regelmäßig im Guardian, Al Jazeera und vielen anderen führenden Zeitungen. Mitgründer von DiEM25.
 
Orla De Díez (40%)
Über sich selbst: “Ich fokussiere mich im Bereich der Energiewende auf kollektive Lerndynamiken, die Innovationen im grossen Stil bewirken.
Am TIDES Institut der Universität Las Palmas de Gran Canaria und als Gastdozentin in Castellón erforsche und gestalte ich Verhaltensweisen und Gruppeninteraktionen, physisch und virtuell, die es ermöglichen, Ideen aus weit entfernt liegenden Quellen in die Umgebung besserer Systeme und Angebote zu bewegen. Meine Studierenden üben sich im systemischen Denken und Gestalten, um ein Gesamtbild von gewalttätigem Extremismus zu erhalten – und treten dabei in die Fußstapfen anderer, mit dem Risiko selber involviert zu werden.
Meine früheren Erfahrungen beinhalten: Projektorganisation im “Club of Madrid”; die Unterstützung der öffentlichen Beratung zu politischen Reformen in Ecuador; Mitarbeit am Aufbau einer Verfassung in Bolivien; und verschiedene neue Wege zur Bildung von grassroot-Bewegungen für Frauen am Grossen Horn von Afrika um deren Differenzen auszugleichen um Einfluss zu nehmen auf Gesetze für Frieden und Sicherheit. Frühere Forschung beinhaltet eine gepriesene und erfolgreiche, simulationsbasierte Untersuchungen mit divergierenden Ansichten von verschiedenen Stakeholdern um die potenziellen Vorteile und Fallen bei der Umarbeitung der bolivianischen Verfassung zu eruieren. Dieses Experiment wurde vom Bolivianischen Nationalkongress in Auftrag gegeben. In den frühen 90ern habe ich mit Ärzte Ohne Grenzen gearbeitet.”
 
Lorenzo Marsili, wiedergewählt (39%)
Lorenzo arbeitet seit 2007, als er als Student die European Alternatives gründete, ein transnationales Netzwerk und NGO (das immer noch aktiv ist!) für die Veränderung Europas. Seit damals hat er viele Jahre damit verbracht, Bewegungen, Aktivist*innen und Bürger*innen zu vernetzen im ständigen Bemühen, den paneuropäischen politischen und kulturellen Raum zu entwerfen, den wir so dringend brauchen. 2016 war er bei der Gründer*innen und ersten Mitgliedern von DiEM25. Er hat Hochschulabschlüsse in Philosophie und Sinologie.
 
Die neu gewählten KK Mitglieder bilden zusammen mit  Renata Ávila, Rosemary Bechler, Noam Chomsky, Brian Eno, Elif Shafak and Agnieszka Wiśniewska unseres 12-Personen KK.
Allen den Kandidat*innen, die dieses Mal nicht in das KK gewählt wurden, danken wir für ihre Beteiligung und hoffen, dass sie weiter mit uns arbeiten. DiEM25 braucht euch und euren Einsatz, um unsere Bewegung weiter zu verbessern!
Die nicht platzierten Kandidat*innen: Ivana Nenadovic (35%), Thomas Seibert (23%), Alexander Nitschke (19%), Signe Tørå Karsrud (19%), Aral Balkan (18%), Michael Fromm (16%), Tony Robinson (15%), Kevin Skelton (14%), Tony Pratschke (11%).
 

Die Kraft der Basisbewegung

Unsere Mitglieder haben ihre Stimmen erhoben mit Ihrer Beteiligung an diesem entscheidenden internen demokratischen Prozess und den Kräften der Beharrung eine unüberhörbare Botschaft zukommen lassen: Wir von DiEM25 machen ernst mit unserem Bekenntnis zur Ermächtigung der Basis!
Das belegen die 15 DiEMer*innen, die sich um einen Sitz im KK bewarben, denn sie alle repräsentieren den paneuropäischen basisbezogenen Charakter unserer Bewegung: Frauen und Männer mit sehr unterschiedlichen Grundlagen und Heimatländern, die für ein breites politisches Spektrum stehen. Gemeinsam sind sie bereit für die  Bewegung zu kämpfen, an die wir alle glauben. Keine andere politische Organisation kann sich einer derartigen Offenheit und Integrationsfähigkeit auf derart internationalem Niveau rühmen.
 

Hintergrund der Wahl

Gemäß den Organisationsgrundlagen von DiEM25 waren sechs der zwölf Sitze des KK der Bewegung zur Neubesetzung auszuschreiben. Kandidat*innen konnten ihre Bewerbungen ab 25. Juni bis 25. Juli einreichen, und die Abstimmungsphase, die am 1. August begann, endete gestern um Mitternacht.
Die Kandidatur zum KK war offen für alle DiEMer, welche die Bewerbungskriterien erfüllten – unter anderem hinsichtlich der Dauer ihrer Mitgliedschaft, und auch hinsichtlich der Zeit, die sie für die Arbeit im KK aufbringen können.
Gleichermaßen konnten im Sinne der Transparenz und eines echten demokratischen Verfahrens alle Mitglieder abstimmen, die sich vor der Ausschreibung der Wahl der Bewegung angeschlossen hatten.
Entsprechend den internen demokratischen Abläufen von DiEM25 waren alle transnationalen Stimmen gleichwertig und wurden bei der Abstimmung anonymisiert. Darüberhinaus stimmten unsere Mitglieder nach unseren Grundsätzen zur Geschlechtergleichheit ab.
Ohne dass sie bei dieser Wahl dazu verpflichtet gewesen wären, stellten sich auch unsere Mitbegründer Yanis Varoufakis und Srecko Horvat der Wahl, um den demokratischen Geist von DiEM25 hervorzuheben.
Die nächsten KK-Wahlen werden im Sommer 2018 abgehalten.
 

DiEM25 Communications

Unsere gemeinsamen humanistischen und demokratischen Werte sind stärker als jeglicher Akt des Terrors. #totsambBCN

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Einmal mehr sind wir schockiert und untröstlich über die nächste abscheuliche terroristische Attacke innerhalb einer Woche – dieses Mal in Barcelona. Ein Angriff auf die Menschen der Stadt, auf Spanien, auf Europa und auf die Werte, die wir von DiEM25 alle teilen.
Einmal mehr, und wie erst vor wenigen Tagen, stellen wir uns als DiEM25 felsenfest gegen jede Form von Diskriminierung, Menschenfeindlichkeit und Hass – ganz gleich ob sie sich auf den Straßen von Charlottesville oder Barcelona zeigt.
Einmal mehr erinnern wir uns in tragischen Zeiten daran, dass die humanistischen und demokratischen Werte, die wir teilen, stärker sind als jeglicher Akt des Terrors.
Unsere tiefste Anteilnahme gilt den Familien und Freunden der Opfer und wir wünschen allen Verletzen schnelle Genesung. In dieser schwierigen Zeit stehen wir in Solidarität mit der Bürgermeisterin Barcelonas, unserer guten Freundin Ada Colau, und mit allen spanischen Behörden.
 

White supremacist terror in Charlottesville

Der weiße rassistische Terror in Charlottesville ist ein weiteres Anzeichen für das Erstarken einer nationalistischen Internationale.

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Sie trugen Fackeln und schrien hasserfüllte Slogans gegen die schwarzen, jüdischen, immigrantischen und LGBTQ-Communities. Ein Auto raste in die Menge. Eine 32-jährige Frau wurde ermordet und 19 Demonstranten wurden verletzt. Der US-Präsident Donald Trump gab eine schändlich kalkulierte Erklärung ab, die die Gewalt „vieler Seiten“ verurteilte.
Trump hatte zumindest damit recht, dass es verschiedene „Seiten“ gab: Es gab auf der einen Seite die Fanatiker die „Heil Trump!“ riefen und zu Hass und Gewalt anstachelten und auf der anderen die anti-rassistischen Protestierenden, die es wagten, sich dagegen zu versammeln. Es ist Zeit aufzustehen und unsere Stimmen Gehör zu verschaffen. Wir wissen, auf welcher Seite wir stehen.
Wir von DiEM 25 stehen in Solidarität an der Seite der Protestierenden und der Opfer dieses bösartigen Extremismus. Wir stehen für einen mutigen transnationalen Multikulturalismus von unten. Europäer/innen müssen Arm in Arm eine internationale Front gegen den Hass und das Erstarken der nationalistischen Internationale bilden – wo auch immer sie sich zeigt.
DiEM 25 ist unerschütterlich in der Gegnerschaft zu allen Formen von Diskriminierung, Menschenfeindschaft und Hass.
 

(Photo by Samuel Corum/Anadolu Agency/Getty Images)

 

Apocalypse Now – eine Stadt im Ausnahmezustand

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Kommentar des deutschen Bundeskomitees
Der vergangene G20-Gipfel in Hamburg taugt nicht nur zur Empörung über die dort ausgeübte Gewalt, vielmehr ist er zu einem Symbol für die gegenwärtigen politischen Verhältnisse geworden.
Wenngleich Gewalt in jeglicher Form aufs schärfste zu verurteilen ist und die Gewalt-Exzesse im Schanzenviertel für deutsche Verhältnisse einmalig sind, reicht es nicht, den Fokus nur auf die Gewalttäter zu richten, sondern diese als Teil eines großen Ganzen zu sehen.
Denn der G20-Gipfel in Hamburg zeigt die Brüche und Widersprüche in unserer Gesellschaft und das wahre Dilemma unserer europäischen Demokratie.
 
Ob Tag oder Nacht, es war nicht länger wichtig – der Lärm hatte die Wahrnehmung aller Menschen in dieser Stadt vereinnahmt.
Die Geräusche kreisender Rotorenblätter zahlreicher Helikopter, die Dauerbeschallung durch polizeiliche und notärztliche Sirenen, das Klirren von Glas und die demonstrativen Rufe tausender Aktivisten erzeugten  eine kriegerisch aufgeladene Kakophonie.
Die Nerven lagen blank – bei allen – und nur die hohe Politik allein schwebte im abgeschotteten Elfenbeinturm der Elbphilharmonie über der Realität und lauschte berauscht Beethovens Neunter Sinfonie, ohne wahrhaben zu wollen, dass die “Götterfunken” nicht nur mit mindestens 130 Millionen Steuergeldern, sondern auch mit brennenden Straßen erkauft wurden.
Und am Boden?
Dort versuchten Gipfelgegner verzweifelt ihre Forderungen unter die Menschen und in die Medien zu bringen. Vergebens. Zu heftig waren die Ausschreitungen; zu eskalierend das vorgehen der Polizei,welches sich auch gegen ausdrücklich friedlichen Demonstranten richtete.
Wenn man mit Anwohnern der Reeperbahn redet, begreift man, warum allein die Gewalt noch immer die Agenda setzt. Entweder wird das Vorgehen der Polizei oder die Randale durch einen Teil der Demonstranten kritisiert.
Dabei wird meist einer Seite pauschal die Schuld gegeben, ohne alle zur Verfügung stehenden Quellen zu prüfen und diese gegeneinander abzuwägen.
Denn während der Auseinandersetzungen war nicht nur die Presse vor Ort, tausende Handys waren jederzeit gezückt, als Pfefferspray, Panzerwagen und Pflastersteine das Straßenbild Hamburgs bestimmten.
Die passive Mehrheit wurde ebenfalls Opfer des Exzesses und die konstruktiven Aktivisten bemühten sich beinahe chancenlos darum, ihre Ideen und Ansätze zu transportieren. Und auch wenn die Kritik von der Ablehnung der G20 bis hin zu spezifischen Forderungen zum Klimaschutz reichten.
War am Ende das zentrale Thema die  undemokratischen Entscheidungen einer verantwortungslosen Stadtpolitik , welche keine alternativen Meinungen zulassen wollte und welche einen perfekten Nährboden für die Saat der Eskalation darstellte.
So fanden sich die angereisten Gewälttäter in einer Stimmung wieder, bei denen der Grundtenor war, dass die eigenen Straßen von Fremden besetzt wurden. Um einen Gipfel zu Veranstalten und nötigenfalls mit Gewalt durchzusetzen.
Und so fand man sich auch als Unbeteiligter in einer aufgeladenen Stimmung wieder, bei der die Rufe “ganz Hamburg hasst die Polizei” letztendlich in die fanatische Gewalt eskalierte, die uns alle entsetzt hat.
G20 beschließt mehr Wachstum
Aber wozu das ganze? Am Ende sind die Ergebnisse ernüchternd, auch wenn 9.000 der 10.000 offiziellen und angereisten Teilnehmer des G20-Treffens Journalisten aus aller Welt waren.
Fanden nicht nur der eigentliche Gipfel wenig beachtung. Auch der im Vorfeld tagende Alternativgipfel und die Vielfältigen Protestaktionen wurden von Bildern der Gefechte zwischen Polizei und Gipfelgegnern überlagert.
Die rein destruktiven Strategien beider Parteien  katapultierten Hamburg kurzerhand in eine Kriegskulisse, worin sich Exzess und Voyeurismus entluden.
Damit  lieferte G20 in Hamburg die Bilder, wohin die Welt im Großen derzeit steuert.
Die Beschlüsse des G20-Gipfels zeigen auch einer Woche nach dem Gipfel, dassGewalt in Kauf genommen wird, dass die Pressefreiheit weiter eingeschränkt wird und das Rüstungsgeschäfte auch in Zukunft durchgewunken werden.
Alle Bemühungen der vergangenen Jahrzehnte, wonach internationale Institutionen zwischenstaatliche Konflikte lösen sollen, sind rückläufig.
Allein Wettbewerbsfähigkeit und Verdrängungskonkurrenz sollen das Wachstum einzelner Staaten befördern.
Internationale Institutionen wie die EU verkommen zum reinen Vehikel zwecks Umsetzung nationalstaatlicher Wachstumsdogmas.
Im Wirtschaftskrieg
Trotz einer Konjunkturphase in der Weltwirtschaft.
Steht bereits fest das die nächste Rezessionenphase bald kommen wird.
Aber anstatt dem entgegenzuwirken wurden stattdessen die Allianzen des gegenwärtigen Wirtschaftskrieges deutlich.
China und Deutschland zeigten sich darin als Verfechter des Status Quo; durch ihre Exportstärke können sie den von Überakkumulation und Überproduktion verursachten ökonomischen Nachfragemangel kaschieren.
Darunter leiden beispielsweise die USA.
Die protektionistischen Töne eines Donald Trump kritisieren genau diese Verhältnisse, wonach amerikanische Unternehmen weniger Absatz finden.
Die angemahnten Strafzölle der USA für ausländische Unternehmen konterkariert Deutschland mithilfe der EU durch etliche Freihandelsabkommen: Ceta mit Kanada, Abkommen mit Japan und dem südamerikanischen Mercosur, aber auch Gespräche mit den Philippinen, Myanmar und Indonesien.
Frankreich bringt sich derzeit mit dem neuen Präsidenten Macron in Stellung.
Flexibilisierung der Arbeit, Senkung der Mindestlöhne, Aufweichung des Kündigungsschutzes werden diskutiert.
Hinzu kommt in allen Ländern, dass das billige Geld die Märkte überschwemmt und private Unternehmen künstlich am Leben gehalten werden.
So wuchs in China das private Kreditvolumen seit 2005 von 5 auf 35 Billionen US-Dollar.
Staaten ersparen ihren Firmen dadurch Kosten und verhindern so die Pleiten ihrer Unternehmen.
Für diesen internationalen Krieg nehmen die Staaten ihre Bewohner in die Pflicht, denn niemand möchte die Wirtschaft entwerten.
Leiden der Gesellschaft 
Das macht den G20-Gipfel so perfide.
Die Gespräche sind notwendig, um über politische und ökonomische Macht direkten Druck auf die Konkurrenten ausüben zu können, denn wirtschaftliches Wachstum gibt es nur  auf Kosten der anderen.
Das im Nachklang dieses auch politischen Gewaltkonzerts unorthodoxe Kooperationen auftreten, könnte man als Aufweichung der bestehenden politischen Verhältnisse durchaus willkommen heißen, würden sich dadurch die Staaten nicht wieder in Anarchie zueinander positionieren.
Zudem ist eindeutig, wer auf lange Sicht unter der ökonomischen Verdrängungskonkurrenz zwischen den Staaten leiden wird: alle die sich innerhalb dieses staatlich-institutionellen Sektors bewegen, kurz, die Weltgesellschaft.
Und kein Sektor wird von diesen Prekarisierungsmaßnahmen verschont bleiben, beziehungsweise kann sich voll und ganz davor schützen.
Einzig die global Agierenden, also eine Minderheit, haben die wirtschaftliche Kraft, sich immer in die Gewinnerzonen zu bewegen.
In ihrem Kielwasser entstehen dann die traumatisierenden Zustände für leidendende, lokale Massen; wie nun in Hamburg geschehen.
Der schleichende Zerfall
Der Schutz der Einzelnen wird aufgeweicht, um die makroökonomischen Gebilde herrschender Staaten zu sichern.
Schritt für Schritt werden die Interessen der Bevölkerung umgangen und aufgeweicht, damit das staatlich-institutionelle Gebilde aufrecht erhalten werden kann.
Ihm wird alles andere untergeordnet.
Dabei ist das keinesfalls ein Novum, in der langen Geschichte rechtlich-verfasster Nationalstaaten.
So war die Gründung der Europäischen Union ein überstaatliches Kalkül, damit Nationalstaaten zueinander finden und ein gemeinsames Forum benutzen, anstatt auf Schlachtfeldern ihre Widersprüche auszutragen.
Doch anstatt in neuen Krisenzeiten den nächsten Integrationsschritt zu gehen, und Mut zum Wandel zu beweisen, sind es vor allem die westlichen Staaten, die ihre Macht nicht abgegeben, teilen oder überwinden können, sondern gewillt sind, ihre eigenen Positionen und Einflüsse auszubauen, um ihre institutionelle Verfasstheit zu bewahren.
Die Anstrengungen diese Logik zu überwinden fällt hinter den Zwang des Marktes zurück, denn in der Vernetzung und dem Fluss globalen Geldes, hat jeder Akteur Angst zu kurz zu kommen.
Rein ins autokratische Zeitalter
Noch entflammbarer wird dieser Konflikt, da innerhalb einer marktgetriebenen Dynamik der Zeit raubende Faktor parlamentarischer Austarierungsprozesse zunehmend außer Kraft gesetzt wird.
Politische Macht wird entschieden zentriert um schneller, automatischer und ökonomischer regieren zu können.
Der Markt funktioniert dann am besten, wenn wenige Entscheidungsinstanzen ihn minimal zu ihren Gunsten regulieren können. Ein wachstumsorientierter Markt braucht die Autokratie.
In all diesem Geschreie und in diesen dystopischen Entwicklungen, wird es früher oder später dazu kommen, dass die Konflikte schärfer werden.
Es ist nicht die Frage ob, sondern wann.
Und spätestens dann werden auch die passiven Akteure dazu gezwungen werden, sich rein aus dem Überlebenswillen heraus zu entscheiden.
Und welche Optionen die G20 übrig lassen, auch das hat Hamburg gezeigt.
Denn so gut wie die G20 darin sind, Missstände schönzureden und Verantwortung verbal zu umgehen, umso mehr werden Gewalttaten statt Worte folgen.
Konstruktiver Widerstand
Der G20-Gipfel hat gezeigt, dass militante Krawalle autoritär argierende Strukturen weiter stärken und berechtigte politische Ziele und Forderungen dadurch in den Hintergrund geraten.
Ein konstruktiver Widerstand, gegen die fortschreitenden Einschränkungen, demokratischer Rechte ist daher nur friedlich und gewaltfrei möglich.
Er besteht aus einer kritischen Analyse der bestehenden Verhältnisse, der Formulierung umfassender Reformvorschläge und der Einsatzbereitschaft hinsichtlich aller grundrechtlich abgesicherter Handlungsoptionen.
Man kann nur hoffen, dass durch den Einsatz dieser Form des zivilen Widerstands  auch in Zukunft möglich bleibt. Undnicht nur zwischen den Optionen eines Polizeistaats  und einem Zustand der Rechtslosigkeit gewählt werden kann.
Es bleibt die Hoffnung, dass dadurch die transnationalen Strukturen konstruktiv demokratisiert werden, um Nationalstaaten zu entmachten, aber föderale, regionale, städtische und kommunale Verwaltungen zu stärken.
Demokratie muss von der Basis gedacht werden und bedarf daher einer antiautoritären Führung, die gute Ideen verbindet und unterschiedliche Möglichkeiten gleichberechtigt zur Abstimmung stellt.
Demokratie funktioniert nicht, wenn eine Veranstaltung wie G20  und die damit verbundenen Entscheidungen von oben herab getroffen werden oder wenn im nachhinein niemand Verantwortung für das eigene scheitern übernimmt.
Umso wichtiger ist es jetzt, dass wir uns als Demokratische Bewegung und als Zivilgesellschaft nicht darauf konzentrieren, auf die Krawallmacher und die Instrumentalisierung des schwarzen Blocks einzugehen. Sondern vielmehr darauf die Ereignisse dieses G20 Gipfels aufzuarbeiten um anschließend konstruktive Kritik an der damit verbundenen Politik zu üben. Denn nur so kann ein Gesellschaftlicher Rückschritt aufgehalten werden, bei dem wieder über Grundrechte diskutiert werden muss anstatt darüber nachzudenken wie eine Ökologische, Solidarische und Gerechte Zukunft aussehen sollte.
 

#G20Hamburg - and update from DiEM25's members and activists on the ground

#G20Hamburg – ein Update von DiEM25 Mitgliedern und Aktivisten vor Ort

Pubblicato di & inserito in Artikel.

Die mediale Berichterstattung rund um den G20-Gipfel versucht den Event-Charakter einer Stadt im Ausnahmezustand zu dokumentieren: Demonstrationen, Konflikte und Gewalt auf den Straßen. Die Bürger Hamburgs und die Demonstranten sehen sich tatsächlich einer außergewöhnlichen und besonders explosiven Situation gegenüber: Müll und Autos brennen, überall sind Zäune und Barrikaden, der Polizei und den Behörden brennen die Nerven, was die Situation nur noch unberechenbarer macht.
Und der Gipfel hat gerade erst begonnen. Rund um das Stadtzentrum herum sitzen Demonstranten in Sitzblockaden, die Hamburger Polizei fordert Verstärkung an, Überwachungs-Hubschrauber kreisen über der Stadt… Und DiEM25 ist mittendrin. Wir laden alle ein zu unserem Constructive Disobedience” Event – unserem Weg nach vorn.
Wir versammeln uns heute um 19:30 im Audimax der Universität Hamburg, direkt am Rande der Sicherheitszone und in unmittelbarer Nähe zum Messezentrum, wo der G20-Gipfel stattfindet. Kommt vorbei oder schaut euch den Livestream hier an, es lohnt sich.
Carpe DiEM25
DiEM25 Mitglieder, Freiwillige und Aktivisten in Hamburg.
#DISobey
 
Mehr über DiEM25s Aktivitäten zu #G20Hamburg hier.