Zehn Forderungen zur NRW-Landtagswahl – und wo die Parteien stehen

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Am 15. Mai wird in Nordrhein-Westfalen ein neuer Landtag gewählt. Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der CDU unter Ministerpräsident Hendrik Wüst und der SPD unter Herausforderer Thomas Kutschaty voraus. Eine der beiden Parteien wird aller Wahrscheinlichkeit nach wieder, wie in den vergangenen Jahrzehnten auch, die nächste Landesregierung anführen – eine Aussicht, die uns Progressive nicht zufriedenstellen kann.

MERA25 (der Wahlflügel von DiEM25) wird dieses Mal noch nicht an der Landtagswahl teilnehmen. Wir arbeiten jedoch daran, dass sich das bald ändert, weil wir überzeugt sind, dass die Gesellschaften Europas radikale Politik mit Vision und Verantwortung brauchen. Mit ausreichend Unterstützung unserer zahlreichen Sympathisant:innen gelingt uns der Aufbau einer ernstzunehmenden Alternative hierzulande.

Dass wir diesmal noch nicht selbst antreten bedeutet allerdings keinesfalls, dass wir uns nicht in die politische Debatte im Wahlkampf einmischen werden. Im Gegenteil: Wir haben zehn inhaltliche Forderungen an die kommende Landesregierung formuliert und diese mit den Wahlprogrammen der etablierten Parteien in NRW verglichen. Die daraus entstandene Übersicht ist ausdrücklich nicht als Wahlempfehlung für eine bestimmte Partei zu sehen, kann unseren Mitgliedern und Sympathisant:innen vor Ort aber als Orientierung dienen.

Zehn Forderungen von MERA25 für NRW

1) Die Schuldenbremse austricksen

Als das mit Abstand höchstverschuldete Bundesland Deutschlands ist NRW ab dem nächsten Jahr, wenn die Schuldenbremse im Grundgesetz wieder gelten soll, aufgrund von Tilgungs- und Zinszahlungen einem ressortübergreifend hohen Sparzwang unterworfen. Dies würde Kürzungen der öffentlichen Ausgaben für Bildung, Wohnen, Gesundheit, Mobilität, Klimaschutz und vieles mehr mit sich bringen und dringend benötigte Investitionen erschweren. Der neue Landtag muss nach der Wahl umgehend ein lange überfälliges Ausführungsgesetz für die Schuldenbremse verabschieden, das maximalen fiskalischen Spielraum zulässt und die Pflicht zur Netto-Null-Neuverschuldung so weit wie möglich aufweicht. Alle Ausgaben, egal ob investiv oder konsumtiv, sind darauf zu prüfen, ob sie anstatt vom Land NRW auch durch Anstalten des öffentlichen Rechts (mit Landesbürgschaften) bestritten und somit nicht dem Landeshaushalt zugerechnet werden können. Von zinsfreien Krediten der NRW.Bank sowie weiterer Förderbanken ist vollumfänglich Gebrauch zu machen und das Restvermögen aus dem NRW-Rettungsschirm zur Bekämpfung der Pandemiefolgen dem öffentlichen Gesundheitssystem zuzuführen. Zuletzt muss sich die Landesregierung im Bundesrat für ein kommunales Entschuldungspaket und die Abschaffung der Schuldenbremse einsetzen.

2) ÖPNV statt Stau auf Autobahnen

Seit Jahren werden in NRW neue Autobahnen gebaut und bestehende erweitert. Das Ergebnis ist: NRW ist Stauland Nr. 1 in Deutschland. Damit haben die bisherigen Regierungen ganz klar das Ziel verfehlt. Statt weiterhin auf das Auto zu setzen muss der öffentliche Verkehr ausgebaut werden, denn Autos sind extrem ineffizient beim Transport vieler Menschen. Mehr Straßen bedeuten mehr Autos und dadurch denselben Stau. Das Ziel ist ein günstiger, schneller, zuverlässiger und insgesamt attraktiver öffentlicher Nah- und Regionalverkehr. Das entlastet die Straßen, das Klima und den Geldbeutel der Bürger:innen.

3) Stoppt den Kohleabbau

Trotz der sich verschärfenden Klimakrise bauen wir in Deutschland weiter Braunkohle ab und produzieren so weiterhin Unmengen CO2. Nicht nur ist Braunkohle noch Klimaschädlicher als Steinkohle, es werden dafür ganze Landstriche mit Wäldern und Siedlungen zerstört. Die derzeitige Landesregierung hat im Hambacher Forst ganz deutlich gezeigt auf wessen Seite sie steht. Auf der Seite der einfachen Bürger*innen oder der Natur ist sie bestimmt nicht, sondern auf der Seite der großen Energiekonzerne! Ein Ende erst im Jahre 2038 ist inakzeptabel! Der Abbau muss sofort enden, um die Natur zu schützen und um eine Chance zu haben, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. 

4) Umfassender Klimaschutzplan

Dass der Klimaschutz im gesamten Land zu schleppend vorangeht, ist kein Geheimnis. Mit jedem Tag wird es zunehmend unwahrscheinlicher, dass wir das Pariser Klimaabkommen einhalten werden und unsere Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas wurde besonders in den letzten Wochen schmerzlich deutlich. Als größtes Bundesland in Deutschland hat NRW eine besondere Verantwortung als positives Beispiel voranzugehen. Eine sichere, nachhaltige Energieversorgung und CO2-Neutralität sollen durch einen umfassenden Klima- und Naturschutzplan in Anlehnung am Green New Deal für Europa bis 2030 erreicht werden. 

5) Mehr Wohnungen, bessere Wohnungen, günstige Wohnungen

Die eigenen vier Wände dürfen kein Privileg sein, sondern müssen zum Grundrecht werden. Davon sind wir aber weiter entfernt als je zuvor. Die Mieten in deutschen Städten steigen rasant an. Insbesondere in Ballungsgebieten wie der Metropolregion Rhein-Ruhr ist es keine Seltenheit mehr, über die Hälfte des Einkommens für die Miete auszugeben. Auch hier haben die bisherigen Regierungen auf ganzer Linie versagt, indem sie nur auf die profitorientierte Privatwirtschaft gesetzt haben. Wir fordern deshalb die (Re-)Kommunalisierung von Wohnungen und Bauland sowie viel mehr Sozialwohnungen, um die Mietpreise zu senken. Statt Luxuswohnungen von und für Investor:innen können so preiswerte, moderne und klimaneutrale Wohnungen für alle Bürger:innen entstehen.

6) Weg mit dem Versammlungsgesetz

Seit Anfang des Jahres gilt in NRW das undemokratische Versammlungsgesetz. Warum undemokratisch? Es schränkt die Rechte zur Demonstration ein und gibt der Polizei größere Handhabe Versammlungen aufzulösen. Beides ist mit einem demokratischen Staat nicht vereinbar. Das Versammlungsrecht muss als eines der höchsten Verfassungsgüter gewahrt bleiben. Deshalb ist das Versammlungsgesetz zu annullieren. Rechtlich unzulässige Methoden der Polizeiarbeit, wie den vom Innenministerium genehmigten Einsatz der Analysesoftware des US-Unternehmens Palantir, lehnen wir zudem entschieden ab.

7) Bessere Bildung

Zu große Klassen, zu wenig Lehrkräfte, mangelhafte Ausstattung – NRWs Schulsystem macht im bundesweiten Vergleich keine gute Figur und krankt an mehreren Stellen, die es unbedingt zu beheben gilt. Die Jugend trägt die Zukunft, daher muss es Anspruch sein, sie durch ein interdisziplinäres, individuell angepasstes, inklusives und chancengerechtes Bildungsangebot bestmöglich auf diese Zukunft vorzubereiten. NRW braucht mehr Ganztags- und Gesamtschulen mit qualitativ hochwertiger pädagogischer Betreuung und schulischen Aktivitäten über das Curriculum hinaus. Dafür müssen die finanziellen Mittel und die politischen Weichen gestellt werden. Der Gottesbezug in Artikel 7 der Landesverfassung gehört abgeschafft. Schüler:innen müssen in ihren Bedürfnissen und Belangen ernst genommen werden, auch und vor allem wenn es um den Schutz ihrer Gesundheit vor SARS-CoV-2 geht. Schließlich möchten wir der Tendenz zur Kommerzialisierung von Bildung, insbesondere an Universitäten und Hochschulen, Einhalt gebieten, damit Lernen dem Gemeinwohl dient und nicht der Profitmaximierung.

8) Mehr Investitionen in Krankenhäuser und Pflegepersonal

Die Corona-Pandemie hat vielen Menschen die Augen geöffnet und deutlich gemacht, wie wichtig und dennoch vernachlässigt Krankenhäuser und Pflegepersonal sind. Ja, vielen Menschen. Doch nicht den verantwortlichen Politiker:innen. Denn dieser Zustand ist ihnen schon seit etlichen Jahren bekannt und dennoch wird zu wenig Geld für Investitionen in die Hand genommen. Viele Krankenhäuser sind deshalb unterfinanziert oder gar Insolvenzbedroht. Hohe Bettendichte, geringe Gehälter und schlechte Arbeitsbedingungen sind so zur Normalität geworden. Deswegen fordern wir ein umfassendes Investitionsprogramm für notwendige Sanierungen, Modernisierung und Digitalisierung. Zusätzlich muss auch für die Zukunft die Finanzierung des Gesundheitssektor garantiert und müssen “Insolvenzen” durch eine komplette Verstaatlichung ausgeschlossen werden.

9) Jobs, Jobs, Jobs

NRW hat regelmäßig eine der höchsten Arbeitslosenquoten aller deutschen Bundesländer. Jede über einen längeren Zeitraum unfreiwillig in Erwerbslosigkeit befindliche Person ist ein Politikversagen, das einfach korrigiert werden kann – durch eine Jobgarantie. Ein solches Beschäftigungsprogramm des öffentlichen Sektors wird jeder/jedem Einwohner:in NRWs auf Wunsch einen gut bezahlten und sinnstiftenden Arbeitsplatz anbieten. Die Jobangebote sollen den Arbeitsmarkt nur ergänzen und nicht in Konkurrenz mit dem privaten Sektor stehen. Sie entstehen in gesellschaftlich sinnvollen Bereichen wie der Sorgearbeit, der Pflege von Natur und Umwelt, der Sozialarbeit, der Kultur und dem Breitensport.

10) Für ein digitales Gemeinwesen

Digitalisierung und technologischer Wandel haben innerhalb weniger Jahrzehnte zur Herausbildung monopolartiger Strukturen in der Tech-Branche geführt. Wie wir arbeiten und kommunizieren, kreieren und konsumieren, unsere Gefühle und Gedanken ausdrücken wird heute maßgeblich von den “Produktlösungen” allgegenwärtiger Digitalkonzerne fazilitiert, die Netzwerkeffekte ausnutzen, um Wettbewerber klein zu halten und ihre Marktmacht zu konsolidieren. Anwender:innen zahlen dabei oftmals nicht mit Geld, sondern mit ihren Nutzungs- und Personendaten für die Inanspruchnahme digitaler Dienste. Wir verlangen eine Trendumkehr und wollen NRW zum Modellstaat für technologische Souveränität entwickeln! Die bloße Förderung von Medienkompetenz und Technologiemündigkeit ist unzureichend, wenn nicht auch attraktive Alternativen zu den etablierten Angeboten privater Unternehmen geschaffen werden. Daher fordern wir die Programmierung und den dauerhaften Betrieb öffentlicher Digital-Applikationen (Software) im Bereich von Internet-Suchmaschinen, Messenger- und Social Media-Diensten, Online-Marktplätzen und weiteren, sowie deren Hosting auf landeseigenen Servern (Hardware) ohne die Beteiligung kommerzieller Anbieter. Das so entstehende Ökosystem digitaler Anwendungen beruht auf den Prinzipien von FLOSS, Portabilität und Interoperabilität und gewährleistet über die Aggregation einer Datenallmende einen Gegenentwurf zur kontemporären Kommodifizierung elektronisch erfasster Daten. Implementieren lassen sich auf diese Weise außerdem Instrumente der deliberativen Demokratie und internetgestützten Bürger:innenbeteiligung.

 

Hier im Vergleich die Positionen der etablierten Parteien:

 

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Free Mimmo: Anschuldigungen gegen den italienischen Bürgermeister wegen Unterstützung von Geflüchteten muss fallen gelassen werden

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DiEM25 steht solidarisch mit dem ehemaligen Bürgermeister von Riace, Mimmo Lucano, dem 13 Jahre Gefängnis drohen, weil er Flüchtenden geholfen hat.

DiEM25 fordert, dass die Anklagen gegen Domenico ‘Mimmo’ Lucano fallen gelassen werden. Dem ehemaligen Bürgermeister von Riace, Italien, droht eine 13-jährige Haftstrafe, weil er Flüchtende in seiner Stadt unterstützt und willkommen geheißen hat.

Lucano war von 2004 bis 2018 Bürgermeister von Riace, wo er weltweit für die Umsiedlung hunderter Migrant:innenfamilien und die Wiederbelebung der schrumpfenden Stadt bekannt wurde.

Für seine Bemühungen wurde er 2010 zum Zweitplatzierten des Weltbürgermeister-Wettbewerbs ernannt, stand 2016 auf der Fortune-Liste der größten Führungskräfte der Welt und wurde mit dem Dresdner Friedenspreis ausgezeichnet.

Im Jahr 2018 jedoch geriet Lucano in das Visier des rechtsextremen Politikers Matteo Salvini, als dieser Innenminister wurde.

Salvini stellte Lucano unter Hausarrest und beschuldigte ihn, “Italien mit Migrant:innen zu kolonisieren”, bevor die Gerichte “Mimmo” im September letzten Jahres zu einer schockierenden 13-jährigen Haftstrafe verurteilten.

Lucano gibt weder kampflos auf, noch ist er allein, denn DiEM25 unterstützt ihn bedingungslos in seinem Kampf für Gerechtigkeit.

Der Mitbegründer von DiEM25, Yanis Varoufakis, verurteilte die Behandlung, der Lucano ausgesetzt ist, und wies auf die Scheinheiligkeit des Urteils hin.

“Unsere Fernsehbildschirme sind voll von traurigen Bildern von Flüchtenden, die aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine fliehen und im übrigen Europa willkommen geheißen werden. Die Art und Weise, wie wir Flüchtende behandeln, ist ein Zeichen für unsere Menschlichkeit”, sagte Varoufakis.

“Mimmo Lucano wird durch die Gerichte geschleift und zu lächerlichen Geldstrafen verurteilt, weil er das tut, was wir feiern, wenn es sich um Ukrainer:innen handelt. Doppelmoral ist Gift für die Seele”.

Der Allianz zur Unterstützung von Lucano hat sich neben DiEM25 auch die Progressive Internationale angeschlossen, die in einer Erklärung seine Freilassung forderte.

“Wir glauben, dass das Riace-Modell eine Inspiration für die Welt ist. Als unsere Regierungen Festungen bauten, um Migrant:innen fernzuhalten, haben Sie sie aufgenommen”, heißt es in der Erklärung.

“Als lokale Kriminelle und globale Unternehmen sich verschworen, um den Mangel an rechtlichem Schutz der Migrant:innen auszunutzen, haben Sie ein globales Dorf und eine Città Futura – eine Stadt der Zukunft – gebaut, in der alle Einwohner:innen einen Beruf erlernen und eine Unterkunft finden können.”

“Wir sind unmissverständlich: Ihre Verurteilung zu 13 Jahren Haft ist sowohl eine Travestie der Justiz als auch ein eklatanter Verstoß gegen die gemeinsamen Grundsätze von Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Frieden und Stabilität, die zu wahren, die Europäische Union den Anspruch erhebt.“

Helfen Sie unserer Kampagne

 

Wir sind auf die Unterstützung der Öffentlichkeit angewiesen, um Druck auf die italienische Regierung auszuüben, damit sie die Anklage gegen Mimmo Lucano und die anderen 26 in seinem Fall Angeklagten fallen lässt.

Schließen Sie sich Noam Chomsky und Ada Colau an und fordern Sie die Einstellung des Verfahrens gegen den ehemaligen Bürgermeister von Riace über den folgenden Link.

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Beendet den sinnlosen Krieg

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Realistische Maßnahmen müssen sofort umgesetzt werden

Die Auswirkungen des tragischen und unnötigen Krieges in der Ukraine sind für die Menschen in armen  und prekären Lebenslagen zunehmend spürbar. Mit zweistelligen Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln – und einer hohen Wahrscheinlichkeit von Engpässen bei Grundnahrungsmitteln – steuern wir auf eine globale Katastrophe zu. Während die internationalen Systeme der Zusammenarbeit versagen, sprechen unsere “Anführer” von Krieg. Anstatt sich auf die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Bürger:innen zu konzentrieren, versenden unsere Regierungen lediglich Waffen. Der Mangel an Mitteln für Lehrer:innen, Krankenpfleger:innen und wichtige Arbeitskräfte hält an, während für Waffen plötzlich Gelder auftauchen.

Unsere Demokratien haben im Wesentlichen versagt. Militaristische Entscheidungen bedürfen keiner parlamentarischen Zustimmung mehr, und es wird unbedacht mit Menschenleben gespielt. Das Lebensnotwendige wird außen vor gelassen, während für bürokratiefreie Verteidigungsausgaben der rote Teppich ausgerollt wird.

Wir von DiEM25 sagen: Schluss damit. Und wir haben mit unserem Green New Deal for Europe einen gerechten Übergang gefordert, der die politischen Prioritäten auf die Menschen ausrichtet – nicht auf Profit. Unser Plan beginnt mit der Forderung nach einem Bottom-up-Ansatz für die Entscheidungsfindung auf lokaler Ebene – ein entscheidender erster Schritt, um die Macht an die Bevölkerung zurückzugeben. Entscheidungen, die die Zukunft der Menschen betreffen, müssen von ihnen selbst getroffen werden. Nicht von in Steuerparadiesen ansässigen Briefkastenfirmen.

Steigende Energiekosten hätten im Rahmen unseres Programms nicht sein müssen. Wenn unsere Wohnungsbaupolitik umgesetzt wird, verringert sich nicht nur die finanzielle Belastung für das Dach über dem Kopf, sondern auch die Heiz- und Kühlkosten und die damit verbundenen Emissionen werden drastisch gesenkt. Außerdem schlagen wir eine Energiebeihilfe vor, um die Energiearmut von Millionen von Menschen zu beseitigen. Eine weitere Kostensenkung für unsere Familien ist der Schritt, öffentliche Verkehrsmittel durch unseren Mobility Cohesion Fund (Kohäsionsfonds für Mobilität) kostenlos zu machen. In Anbetracht der extrem umweltschädlichen und destabilisierenden Kosten von Kriegen, fordern wir ein internationales Abkommen zur Abschaffung der Kriegsindustrie und den Einsatz unserer knappen Ressourcen zur Verhinderung der Klimakatastrophe.

Diese Programme können heute nur umgesetzt werden, wenn ein ausreichender politischer Wille vorhanden ist. Wenn die Bereitschaft zu noch mehr Blutvergießen besteht, dann wird der Unwille, unsere Häuser zu wärmen, unsere Treibhausgasemissionen zu reduzieren und unsere Lebenshaltungskosten zu senken,  ein offenes Geheimnis.

Wir laden die Öffentlichkeit ein, unseren Green New Deal for Europe zu lesen und sich an seiner Verwirklichung zu beteiligen. Nur durch gemeinsame Anstrengungen von und für die Öffentlichkeit kann unsere persönliche und gemeinschaftliche Freiheit erreicht werden.

 

Dieser Kommentar wurde von Amir Kiyaei verfasst, der Mitglied des thematischen Kollektivs Frieden und internationale Politik ist.

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Yanis Varoufakis über Krypto, Linke und Techno-Feudalismus

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“Innerhalb unseres gegenwärtigen oligarchischen, ausbeuterischen, irrationalen und unmenschlichen Weltsystems wird der Aufstieg von Krypto-Anwendungen unsere Gesellschaft nur noch oligarchischer, ausbeuterischer, irrationaler und unmenschlicher machen.” – Yanis Varoufakis

Es gibt nur wenige Menschen, die sich – in einem einzigen Interview! – so kompetent über den Aufstieg der NFTs und ihre Ursprünge in den virtuellen Welten der Spiele, die Logik des entstehenden Regimes des Techno-Feudalismus und die Torheit der Bitcoin-lastigen Verhandlungstaktik El Salvadors mit dem IWF äußern können. Glücklicherweise haben wir diese Person in Yanis Varoufakis gefunden, dem prominenten Wirtschaftswissenschaftler, Politiker und öffentlichen Intellektuellen, der obendrein ehemaliger griechischer Finanzminister ist. Yanis war so freundlich, uns ein ausführliches Interview zu gewähren, das einen umfassenden (und bisweilen recht kritischen) Überblick über die Vorgänge an der Schnittstelle zwischen Geld, Makroökonomie und dem Digitalen bietet.

~ Evgeny Morosov

Anfang der 2010er Jahre, vor Ihrer Tätigkeit in der griechischen Regierung, arbeiteten Sie als hausinterner Ökonom für Valve, ein bekanntes Spieleunternehmen. Inwiefern waren Ihre Fähigkeiten als Wirtschaftsexperte für Spieltheorie nützlich, um die Wirtschaft virtueller Welten zu analysieren? Und welche Einblicke in das Innenleben der realen Wirtschaft haben Sie durch diese Erfahrung gewonnen?

Vor zehn Jahren war das Metaverse in den Spielgemeinschaften bereits in vollem Gange. Die Spiele von Valve hatten bereits so große Erfolge erwirtschaftet, dass Valve sowohl begeistert als auch erschrocken war. Einige digitale Güter, die zuvor kostenlos (über die Drops des Spiele) verteilt worden waren, wurden auf eBay für Zehntausende von Dollar gehandelt, lange bevor irgendjemand an NFTs gedacht hatte.

Was wäre, wenn die Preise für diese spontan lukrativen Gegenstände und Aktivitäten einbrechen würden? Das war es, was die Leute bei Valve nachts wach hielt. Das geht aus der E-Mail hervor, mit der man sich an mich wandte: “Ich verfolge Ihren Blog schon eine Weile… In meinem Unternehmen diskutierten wir über die Verknüpfung von Volkswirtschaften in zwei virtuellen Umgebungen (Schaffung einer gemeinsamen Währung) und ringen mit einigen der heikleren Probleme der Zahlungsbilanz, als mir einfiel: ‘Das ist Deutschland und Griechenland’ – ein Gedanke, der mir nicht gekommen wäre, wenn ich nicht Ihren Blog verfolgt hätte.”

Die Gründe für meine Beteiligung waren vielfältig. Einer war die Aussicht, eine Wirtschaft als allwissender Forscher zu studieren: Da ich Zugang zu allen Daten in Echtzeit haben würde, brauchte ich keine Statistiken! Ein anderer war die Verlockung, “Gott” zu spielen, d.h. mit diesen digitalen Volkswirtschaften Dinge tun zu können, die kein Wirtschaftswissenschaftler in der “echten” Welt tun kann, z.B. Regeln, Preise und Mengen zu ändern, um zu sehen, was passiert. Ein weiteres Ziel war es, empirisch gestützte Erzählungen zu schmieden, die die Grenze zwischen der “realen” und der digitalen Wirtschaft überwinden.

Was habe ich damals gelernt? Die wichtigste Erkenntnis war, dass das beobachtete Verhalten einige neoliberale Schlüsselphantasien völlig widerlegt hat: Der Tauschhandel weicht nicht einem soliden Geld in Form eines digitalen Goldsimulakrums. (N.b. Wir haben festgestellt, dass verschiedene Waren/Güter um die Vorherrschaft als Standardgüter konkurrieren, ohne jemals zu dominieren.) Selbstlosigkeit ist immer vorhanden (was sich in umfangreichen, doppelt anonymen Schenkungen zeigt). Es entstehen soziale Beziehungen (selbst in diesen gesichtslosen digitalen Welten), die dann Preise und Mengen auf eine Weise “infizieren”, die wenig mit der neoliberalen Sichtweise von Tauschwerten zu tun hat, die in einem politischen und moralischen Vakuum entstanden ist.

Heute, ein Jahrzehnt später, ist klar, dass Spiele-Communities wie die, die ich bei Valve studiert habe, als vollwertige Metaversen (um Zuckerbergs Begriff zu verwenden) funktionieren. Die Spieler:innen wurden durch das Spiel angezogen, aber wenn sie erst einmal “drin” waren, blieben sie, um einen großen Teil ihres Lebens hier zu verbringen, Freundschaften zu schließen, Waren für den Verkauf zu produzieren, Unterhaltung zu konsumieren, zu debattieren, usw. Zuckerbergs Ziel ist es, seine Milliarden von Facebook-Nutzer:innen, die keine Spieler:innen sind, in eine Steam-ähnliche digitale Sozialwirtschaft einzubinden – komplett mit einer von ihm kontrollierten Plattformwährung. Wie könnte ich mich der Parallele zu einem digitalen Lehnswesen entziehen, in dem Zuckerberg davon träumt, der Techno-Lord zu sein?

NFTs sind derzeit in aller Munde. Ihr rasanter Aufstieg lässt sich auf CryptoKitties zurückführen, ein Blockchain-basiertes Computerspiel, das 2017 auf den Markt kam. Inzwischen gibt es auch viele Spieler:innen, die sich gegen NFTs und die eher problematischen Eigentumsvorstellungen, die sie verankern, aussprechen. War so etwas wie NFTs während Ihrer Zeit bei Valve bereits absehbar? Glauben Sie, dass NFTs unsere Vorstellungen von Eigentum, Knappheit und Entlohnung in einer Weise verändern werden, die für das breitere progressive Projekt hilfreich sein könnte? Dies ist jedenfalls die Überzeugung einiger Befürworter von Web3.

Hüte in TF2! Team Fortress 2 (oder TF2) Spieler:innen waren besessen von digitalen Hüten. Ursprünglich waren sie Teil der kostenlosen Drops, später wurden einige Hüte, die nicht mehr hergestellt wurden, zu Sammlerstücken. Die Spieler:innen begannen, innerhalb des Spiels zu tauschen (z.B. Ich gebe dir zwei Laserkanonen für diesen einen Hut von dir). Wenn dann die Nachfrage nach einem Hut groß genug war, verließen die Spieler:innen das Spiel, trafen sich auf eBay, tauschten den Hut gegen (manchmal) Tausende von Dollars ein und kehrten schließlich ins Spiel zurück, wo die Verkäufer:in den Hut an die Käufer:in übergab. Man beachte das unglaubliche Maß an Vertrauen zwischen Fremden, das diese Transaktion mit sich brachte: Die Verkäufer:in hätte sowohl das Geld als auch den Hut mitnehmen können. Valve beschloss, den Bedarf an so viel Vertrauen zu verringern, auf eBay zu verzichten und auch noch einen ordentlichen Gewinn zu machen, indem es Handelsräume im Spiel einrichtete (d.h. einen spielinternen Markt für digitale Gegenstände, der Valve gehört und von ihm überwacht wird).

NFTs unterscheiden sich in zweierlei Hinsicht von digitalen Vermögenswerten wie den Hüten in TF2: Die Blockchain lässt das Unternehmen (z.B. Valve) außen vor. Und sie erlaubt es dem digitalen Vermögenswert, aus dem Spiel/Reich, das ihn hervorgebracht hat, in jedes andere digitale Reich zu emigrieren.

Ob ich glaube, dass NFTs subversives Potenzial haben? Schauen wir mal. In einer digitalen Umgebung sind NFTs wie alle anderen Waren. Sie spiegeln den Triumph des Tauschwerts (mit dem der Kapitalismus den Erfahrungs- oder Gebrauchswert besiegt hat) innerhalb eines Metaversums (wie bei Valve oder Zuckerberg) wider. In diesem Sinne bieten NFTs in digitalen Welten nichts Neues, außer vielleicht, dass sie die Ideologie des Kapitalismus (der Tauschwert hat die Oberhand) in die Höhe treiben. In der analogen Welt haben NFTs nur insofern einen Wert, als dass sie denjenigen, die sich für sie interessieren, einen Nutzen bieten, mit dem sie angeben können. Auch wenn sie auf diese Weise Unternehmen wie Sotheby’s und Christie’s (die früher das Monopol auf den Handel mit Angeberrechten hatten) dazu zwingen, ihre Methoden zu ändern, untergraben NFTs in keiner Weise die Struktur der Eigentumsrechte, die die exorbitante Macht der Oligarchie über viele Menschen begründen und untermauern.

Also nein, ich sehe wenig radikales Potenzial für NFTs. Allerdings könnte eine gute, zukünftige, liberale techno-kommunistische Gesellschaft Wege finden, sie als Teil eines breiten Netzwerks von Technologien zu nutzen, die uns helfen, unsere Identitäten, unser Eigentum usw. zu erfassen.

Solange wir nicht über diese mechanischen Sklaven verfügen, die für die Menschheit als Ganzes sorgen (und nicht nur Waren produzieren, die den 1 % der 1 % gehören), ist die Vorstellung, dass die Menschen jetzt wie Roboter spielen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, damit sie in ihrer Freizeit menschlich sein können, in der Tat die Apotheose der Misanthropie.

Es wurde viel darüber berichtet, dass in einigen Ländern des globalen Südens (z. B. auf den Philippinen) Blockchain-basierte Spiele wie Axie Infinity eine Parallelwirtschaft schaffen, die es den Spieler:innen ermöglicht, virtuelle Token – deren Wert in letzter Zeit in die Höhe geschossen ist – in Fiatgeld einzulösen. Der Gründer von Reddit zum Beispiel hat kürzlich behauptet, dass alle zukünftigen Spiele diesem Spiel-zum-Verdienen-Modell folgen werden, und sagte außerdem, dass “90 % der Menschen kein Spiel spielen werden, wenn sie nicht angemessen für diese Zeit entlohnt werden”. Was ist hiervon zu halten? Ist es eine weitere Dystopie des globalen Kapitalismus? Oder ist es eine kleine Verbesserung gegenüber der Ausbeuterarbeit, vielleicht die Folge der globalen Pandemie, die viele Menschen zu Hause beim Spielen festhält?

Als ich vor zehn Jahren bei Valve arbeitete, gab es Tausende von jungen Leuten in China, Kasachstan und anderswo, die mit der Bereitstellung von Dienstleistungen für Mitglieder der Spiele-Communities von Valve ein Vermögen verdienten. Begabte Spieler:innen verdienten gutes Geld, bezahlt von anderen Spieler:innen, die ihnen beim Spielen zusehen wollten. Die Idee einer Parallelwirtschaft, die es Menschen in ärmeren Ländern oder Regionen ermöglicht, beim Spielen oder durch das Anbieten von Dienstleistungen im Spiel Geld zu verdienen, ist also nicht neu.

War das eine gute oder eine schlechte Sache? Natürlich war es gut für einen jungen Menschen in Shenzhen, der es geschafft hat, 60.000 Dollar im Jahr mit dem Entwerfen digitaler Hüte an seinem PC zu verdienen – anstatt seinen Körper in einem Sweatshop zu zerstören. Die Frage ist jedoch die: Könnten alle Arbeiter:innen in Shenzhen (und darüber hinaus) aus den Sweatshops gerettet werden, indem sie in ein Metaversum abwandern? Die Antwort lautet: Nicht bevor wir Roboter haben, die für uns alle arbeiten, so dass wir die materiellen Bedingungen unseres Lebens reproduzieren können. Solange wir diese mechanischen Sklaven, die für die gesamte Menschheit arbeiten (und nicht nur Waren produzieren, die den 1 % der 1 % gehören) nicht haben, ist die Vorstellung, dass die Menschen jetzt wie Roboter spielen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, damit sie in ihrer Freizeit menschlich sein können, in der Tat die Apotheose der Misanthropie.

Eine Ihrer Kritiken an Bitcoin als Währung (von der Sie klar sagen, dass sie keine ist und keine sein kann) ist, dass sie den verfügbaren politischen Spielraum einschränkt, so dass es im Falle einer Pandemie nicht möglich sein wird, die Geldmenge zu erhöhen. Ich nehme an, dies gilt auch für das “Gelddrucken” mit all den perversen Folgen von QE, die Sie selbst an anderer Stelle dokumentiert haben. Wären die Bitcoin-Maximalist:innen nicht zumindest kohärent, wenn sie argumentieren, dass die Unfähigkeit, Geld zu drucken, ein Merkmal des Systems ist und kein Fehler?

Wenn “Bitcoin-Maximalist:innen”, wie Sie sie nennen, über die Unfähigkeit, Geld zu drucken, schwärmen (und diese Unfähigkeit als Merkmal von Bitcoin und nicht als Fehler feiern), dann sind sie furchtbar unoriginell – banal, wage ich zu behaupten. Der Kapitalismus wäre 1929 fast gestorben, und zig Millionen starben in dem darauffolgenden Krieg wegen dieses giftigen Trugschlusses, dem damals der Goldstandard und heute der Bitcoin zugrunde liegt. Welcher Trugschluss? Der Trugschluss vom Teil auf das Ganze, wie John Maynard Keynes ihn nannte.

Dem liegt die Tendenz zugrunde, von der persönlichen Ebene auf die makroökonomische Ebene zu extrapolieren. Zu sagen, dass, wenn etwas gut für mich ist – wenn eine Praxis auf der Ebene meiner Familie, meines Unternehmens etc. vernünftig ist – muss es auch für den Staat, die Regierung, die Menschheit insgesamt gut sein. Z.B.: Ja, Sparsamkeit ist für mich persönlich gut. Wenn ich nicht über die Runden komme, muss ich den Gürtel enger schnallen, sonst werde ich mich immer mehr verschulden. Für eine Volkswirtschaft gilt aber genau das Gegenteil: Wenn der Staat mitten in einer Rezession versucht, den Gürtel enger zu schnallen, um sein Haushaltsdefizit zu beseitigen, dann sinken die öffentlichen Ausgaben bei gleichzeitig sinkenden privaten Ausgaben. Und da die Summe der privaten und öffentlichen Ausgaben dem Gesamteinkommen entspricht, wird die Regierung – ungewollt – die Rezession und, ja, ihr eigenes Defizit verstärken (da die Staatseinnahmen sinken). Dies ist ein Beispiel dafür, dass eine Sache (die Straffung des Gürtels) auf der Mikroebene gut und auf der Makroebene katastrophal ist.

Ähnlich verhält es sich mit Gold, Bitcoin und allen anderen “Dingen” mit Tauschwert: Wenn Sie Gold besitzen, ist es gut für Sie, wenn dessen Angebot begrenzt und möglichst fixiert ist. Dasselbe gilt für Bitcoin, Silber, Dollar. (N.b. Aus diesem Grund haben sich die Reichen und Mächtigen traditionell gegen eine expansive Geldpolitik gewehrt und bei jeder Gelegenheit “Hyperinflation” geschrien.) Wenn Sie also in Bitcoin investieren oder sich aus irgendeinem Grund jedes Mal freuen, wenn der Dollarkurs steigt, haben Sie allen Grund zu glauben, dass das algorithmisch festgelegte Angebot eine gute Sache ist, ein Feature. Aber das hat seinen Preis: Eine feste Geldmenge führt zu einer deflationären Dynamik, die in einem System, das dazu neigt, seine Menschen unter-zu-beschäftigen und zu wenig in Dinge zu investieren, die die Gesellschaft braucht (d.h. der Kapitalismus), eine Katastrophe heraufbeschwört.

Der Goldstandard ist in der Tat eine großartige Quelle, um zu verstehen, wie gefährlich primitiv das maximalistische Bitcoin-Denken ist. Angenommen, Bitcoin würde die Fiat-Währungen ablösen. Was würden die Banken tun? Sie würden natürlich Kredite in Bitcoin vergeben. Das bedeutet, dass Überziehungskredite entstehen würden, die es den Kreditgeber:innen ermöglichen würden, Waren und Dienstleistungen mit Bitcoins zu kaufen, die noch nicht existieren. Was würden die Regierungen tun? In Stressmomenten müssten sie an Bitcoin gebundene Rechnungseinheiten ausgeben (wie sie es in der Zwischenkriegszeit unter dem Gold Exchange Standard getan haben). All diese private und öffentliche Liquidität würde eine Boomphase auslösen, bevor es unweigerlich zum Crash kommt. Und dann, wenn Millionen von Menschen ruiniert sind, müssten Regierungen und Banken den Bitcoin aufgeben. Kurz gesagt, genau wie Gold ist Bitcoin eminent… absetzbar (sobald er enormen Schaden angerichtet hat). Anders ausgedrückt: Entweder wird Bitcoin das Fiat-Geld nie ablösen, oder, falls doch, wird er enorme unnötige Schmerzen verursachen (bevor er aufgegeben wird).

Zu glauben, dass man Geld oder den Staat in Ordnung bringen kann, zeugt von einer verheerenden Ahnungslosigkeit gegenüber dem größeren Ausbeutungssystem, in das sie eingebunden sind.

Was ist jedoch mit anderen Kryptowährungen, die sehr ausgeklügelte Operationen und Anreizstrukturen ermöglichen, einschließlich algorithmisch programmierter Umlaufsicherung? Könnte man diese eher als Währungen definieren?

Nein, auch das wird nicht funktionieren. Das Problem mit Bitcoin ist nicht nur sein festes Angebot. Es ist die Annahme, dass die Veränderungsrate der Geldmenge in jedem Algorithmus vorhergesagt und vorhergesehen werden kann. Dass die Geldmenge entpolitisiert werden kann. Es geht also nicht um die Frage, wie ausgeklügelt und komplex der Algorithmus ist. Es geht vielmehr darum, dass ein rein politischer, unwägbarer Prozess nie und nimmer von einem Algorithmus erfasst werden kann. Das kann er nicht und sollte er deshalb auch nicht.

Aufgrund des wachsenden Interesses an Ethereum ist in der Krypto-Gemeinschaft ein merkwürdiges Wiederaufleben des Interesses an Mechanismusdesign und Spieltheorie zu beobachten; in einigen Arbeiten zur Krypto-Ökonomie werden stolz Leonid Hurwicz und Oskar Lange zitiert. Betrachtet man diese im Entstehen begriffene Disziplin jedoch etwas genauer, fällt ihre Schwerpunktsetzung auf: Mikroökonomie ist überall, aber Makroökonomie – abgesehen von einigen österreichischen Kritiken am Fiat-Geld – nirgends, nicht einmal in der orthodoxen Samuelson-Version.

Sie haben den Finger auf den Nagel gelegt. Das ist wieder einmal der Trugschluss vom Teil auf das Ganze: die Vorstellung, dass das, was für einen selbst funktioniert, auch für die Gesellschaft als Ganzes funktionieren muss; dass das, was in der Mikro-Welt Sinn ergibt, auch in der Makro-Welt Sinn ergibt. Krypto-Enthusiast:innen mit festen Ansichten über Geld fallen in diesem Sinne in die Kategorie von Menschen, die Keynes am besten als “ähnlich wie euklidische Geometer in einer nicht-euklidischen Welt” beschrieben hat. Keynes bezog sich damit auf die klassischen Ökonom:innen, die Geld als eine Ware, als ein Ding betrachteten. Die Krypto-Monetarist:innen wiederholen denselben konzeptionellen Fehler.

Yanis Varoufakis speaking in Moscow, 2015 – source

Seit den Anfängen – d.h. seit den frühen 2010er Jahren – argumentieren Sie, dass “Blockchain eine fantastische Lösung für das Problem ist, das wir noch nicht entdeckt haben. Aber sie ist nicht die Lösung für das Geldproblem”. Aber sind wir so ignorant? Man könnte sagen, dass die Blockchain als ein von der Cypherpunk-Ideologie inspiriertes Projekt schon immer eine Lösung für das Problem des Staates war: Sie verspricht, den Staat aus so unterschiedlichen Bereichen wie dem Recht (mit dem Aufkommen von intelligenten Verträgen) oder der Kunstfinanzierung (mit der Fraktionierung des Eigentums durch NFTs) oder, was am offensichtlichsten ist, dem Zentralbankwesen (mit seiner Kritik am Fiat-Geld) herauszunehmen.

Zu denken, dass Bitcoin das Problem des Geldes oder des Staates lösen kann, bedeutet, falsch zu verstehen, was Geld ist oder was Staaten tun. Jedes ausbeuterische sozio-ökonomische System basiert auf der Frage, was zu tun die Minderheit, die das System betreibt, die restlichen Anderen verleiten kann (wer tut wem etwas an, wie Lenin es berühmt formulierte). Geld und der Staat sind Epiphänomene dieses Systems. Zu glauben, dass man Geld oder den Staat reparieren kann, zeugt von einer verheerenden Ahnungslosigkeit gegenüber dem größeren Ausbeutungssystem, in das sie eingebunden sind. Kein schlauer Vertrag kann z.B. die Arbeitsverträge zunichte machen, die die vielschichtigen Ausbeutungsmuster der Gesellschaft untermauern. Kein NFT kann eine Kunstwelt verändern, für die Kunst eine Ware innerhalb eines Universums von kommerzialisierten Menschen und Dingen ist. Keine Zentralbank kann den Interessen des Volkes dienen, solange sie von den Demos (lokalen Gemeinschaften) unabhängig ist. Ja, Blockchain wird in Gesellschaften nützlich sein, die von der strukturierten extraktiven Macht einiger weniger befreit sind. Aber Blockchain wird uns nicht befreien. In der Tat wird jede digitale Dienstleistung, Währung oder Ware, die innerhalb des gegenwärtigen Systems darauf aufgebaut wird, lediglich die Legitimität des gegenwärtigen Systems reproduzieren.

Angenommen, Sie stehen der Blockchain immer noch positiv gegenüber. Wie vereinbaren Sie diese anti-staatliche Einstellung mit dem, was Sie als ihr Potenzial in einer emanzipierten Gesellschaft sehen? Worin besteht dieses Potenzial genau? Selbst wenn man davon ausgeht, dass sowohl die Spieltheorie als auch das Design von Mechanismen einen gewissen Wert haben, was nützen sie dem progressiven Projekt, wenn sie keine Makroperspektive bieten?

Meine Antwort findet sich in meinem Science-Fiction-Roman Another Now (vor allem in Kapitel 6). Darin stelle ich einen Entwurf für eine postkapitalistische, nicht ausbeuterische Sozialwirtschaft vor. Blockchain wird darin als eine Technologie vorgestellt, die sowohl von Zentralbanken als auch von lokalen Gemeinschaften genutzt wird, um ein öffentliches, verteiltes Hauptbuch für zwei Dinge zu erstellen: Geld, natürlich. Und Pachtverträge für Grundstücke in der Gewerbezone eines Bezirks (die ständig versteigert werden und deren Erlöse zur Erhaltung und Erweiterung der Sozialzone des Bezirks verwendet werden). Daraus können Sie ersehen, dass ich Blockchain und Ethereum-ähnliche Mechanismen als Technologien betrachte, die sich als äußerst nützlich erweisen werden, sobald das Privateigentum an Produktionsmitteln endet. Aber für sich genommen werden uns diese Technologien nicht von der extraktiven Macht der Wenigen befreien.

Sie haben sich selbst als “erratischen Marxisten” bezeichnet und darauf hingewiesen, dass Sie starke libertäre Tendenzen haben. In Italien, wo ich seit einiger Zeit lebe, gibt es natürlich diese lange Tradition des Autonomen Marxismus, der viele dieser Überzeugungen teilt. Er war schon immer kritisch gegenüber dem Staat und der staatlichen Bürokratie mit ihrer starren, zentralisierten Art, die Gesellschaft zu organisieren. Jetzt scheint es eine neue vielversprechende Lösung für dieses uralte Problem zu geben: DAOs, kurz für dezentrale autonome Organisationen, die versprechen, transparente algorithmische Regeln an die Stelle der Weberschen charismatischen Führer zu setzen. Finden Sie an solchen neuen institutionellen Formen etwas Wertvolles? Oder ähneln sie dem technokratischen Credo – mit seinem Glauben, dass politische Probleme durch die Entwicklung cleverer Mechanismen und Anreize gelöst werden können – und das sie angeblich bekämpfen wollen?

Karl Marx war erratisch. Er änderte ständig seine Meinung und verärgerte damit seine Freund:innen und Mitstreiter:innen. Er schrieb wütende Ablehnungen seiner früheren Ideen. Und er konnte diejenigen nicht ausstehen, die sich selbst … Marxist:innen nannten (z.B. sagte er bekannterweise: “Wenn sie Marxisten sind, bin ich es nicht”). Ich habe ich mich also selbst als “erratischen Marxisten” bezeichnet, um zwei Dinge auszudrücken: Dass ich nicht dogmatisch bin. Und dass ich nicht mit jenen “offiziellen” Marxist:innen übereinstimme, die ihre persönliche Macht aus einer dogmatischen Bewahrung des Marxschen Denkens beziehen. Ich bin sogar noch einen Schritt weiter gegangen und habe mich selbst als “libertären Marxisten” bezeichnet – eine Selbstbeschreibung, die von mehreren Libertären und den meisten Marxist:innen sofort verspottet wurde. Meine Begründung? Wie die von Ihnen erwähnten Anarchosyndikalist:innen in Spanien und die Autonomen Marxist:innen in Italien sehe ich nicht ein, wie man die Freiheit wirklich hochhalten und den Kapitalismus tolerieren kann. Und auch: wie man gleichzeitig illiberal und links sein kann.

Was die DAOs betrifft, so muss ich sagen, dass ich sie mit Sympathie betrachte. Aber auch hier bin ich, wie bei meiner Haltung zur Blockchain, überzeugt, dass es sich um Werkzeuge handelt, die sehr nützlich sein werden, sobald eine breite internationalistische Bewegung die Eigentumsrechte der Oligarchie an den Produktionsmitteln (einschließlich der Cloud-Server!) stürzt. Wie ich in meinem “Another Now” zu skizzieren versuche, wird eine digitale anarcho-syndikalistische Zukunftsgesellschaft viele dieser DAO-ähnlichen Werkzeuge nutzen. Aber, und das ist ein gigantisches Aber, DAO-ähnliche Werkzeuge werden diese neue Gesellschaft, in der DAO-ähnliche Werkzeuge nützlich sind, nicht herbeiführen. (N.b. Wir können bereits sehen, wie DAOs von Regressiven und Immobilienmogul:innen in den Vereinigten Staaten usurpiert werden.)

Innerhalb unseres derzeitigen oligarchischen, ausbeuterischen, irrationalen und unmenschlichen Weltsystems wird der Aufstieg von Krypto-Anwendungen unsere Gesellschaft nur noch oligarchischer, ausbeuterischer, irrationaler und unmenschlicher machen.

Wenn ich den Krypto-Raum von der Seitenlinie aus beobachte, habe ich den Eindruck, dass viele der alten neoliberalen politischen Ideen zurückkehren. Ich denke dabei vor allem an den Einsatz von marktbasierten Instrumenten im Kampf gegen den Klimawandel: Plötzlich verspricht die Blockchain, viele Ideen im Zusammenhang mit natürlichen Ökosystemleistungen wiederzubeleben, während der Aufstieg von oft anonymen Aktivist:innenorganisationen wie KlimaDAO dazu beigetragen hat, den einst schwächelnden Markt für Kohlenstoffemissionen zu beleben. Infolgedessen ist der Ruf des Marktes als Problemlösungsinstrument wiederhergestellt, wenn auch nur vorübergehend. Wie sollten Progressive auf solche Entwicklungen reagieren? Besetzen diese Krypto-Projekte, die versprechen, den Klimawandel durch Finanzen umzukehren, den leeren Platz der Aktivist:innen, der eigentlich von den Zentralbanken hätte besetzt werden sollen, bevor sie durch die Ratschläge von BlackRock abgelenkt wurden? Was sollten die Zentralbanken in Bezug auf diese Achse zwischen grüner Technologie und Finanzwesen tun?

Das ist genau mein Punkt. Im Namen der Befreiung von Mogul:innen, Staaten und sogar dem Klimawandel treiben die Krypto-Eiferer die Ideologie der Kommerzialisierung (d.h. den Neoliberalismus) in die Höhe. Was sollten wir tun? Das einzige, was funktionieren wird, ist: Die Übernahme der Parlamente, um ein Gesellschaftsrecht zu erlassen, das die Handelbarkeit von Aktien abschafft und stattdessen das Prinzip “eine Aktie – eine Mitarbeiter:in” einführt. Die Übernahme der Zentralbanken, damit diese digitale Währungen auf einem verteilten Hauptbuch ausgeben werden, das ein Grundeinkommen ermöglicht. Die Übernahme der Regierungen und die Einführung des persönlichen Eigentums an unseren Daten. Kurzum, kein Algorithmus wird die Notwendigkeit einer echten Revolution aufheben.

Eine der interessanten Folgen der anhaltenden Währungskrise in der Türkei ist die wachsende Beliebtheit von Stablecoins wie Tether in der türkischen Bevölkerung. Dies ist umso bemerkenswerter, als Tether Gerüchten zufolge eigene Probleme hat, von denen viele in der Krypto-Community erwarten, dass sie früher oder später explodieren werden. Erdoğan scheinen die Hände gebunden zu sein, denn in den türkischen Städten wimmelt es nur so von Werbung für Krypto-Dienste, die bei der lokalen Bevölkerung wirklich beliebt sind. Sie haben sich in der Vergangenheit etwas abfällig über Stablecoins geäußert, aber wie werden sie Ihrer Meinung nach die Dynamik einer Währungskrise wie der in der Türkei verändern? Wie sollte die Regierung auf sie reagieren, wenn überhaupt?

Bitcoin war, wie ich schon früher behauptet habe, die digital-algorithmische Reinkarnation des Goldstandards – gestützt auf die gleichen nichtssagenden Argumente und die gleichen zugrunde liegenden oligarchischen Motive. Stablecoins sind eine weitere Reinkarnation einer weiteren primitiven, gescheiterten Idee: dem sogenannten Currency Board.

Die Idee hinter dem Goldstandard war, dass nationale Währungen an Glaubwürdigkeit gewinnen, weil der Staat/die Zentralbank das Recht aufgibt, nach Belieben Geld zu drucken. Durch die Bindung des Wechselkurses einer nationalen Währung an den Goldpreis (z.B. 35 Dollar für eine Unze Gold) und die freie Konvertierbarkeit in beide Richtungen war es allgemein bekannt, dass, wenn die Behörden Geld in einem Gesamtwert druckten, der den Wert des Goldes in den Tresoren der Zentralbank überstieg, die Menschen, die Papiergeld besaßen, irgendwann Gold verlangen würden, das die Zentralbank nicht hatte.

Ein Currency Board (z.B. das System, das der bulgarischen Landeswährung heute zugrunde liegt) ist insofern ähnlich, als die Zentralbank den Wechselkurs der Landeswährung so festlegt, dass er dem Durchschnittspreis eines Korbs harter Währungen entspricht. Auch hier gilt: Solange es keine Kapitalverkehrskontrollen gibt und die nationale Währung in vollem Umfang in die Hartwährungen des Currency Boards konvertierbar ist, riskiert die Zentralbank einen Run auf ihre Reserven, wenn sie mehr Geld druckt, als ihren Devisenreserven (unter dem festen Wechselkurs) entspricht. Wie auch der Goldstandard haben sich Currency Boards als zerbrechlich erwiesen – beim ersten Anzeichen einer Wirtschaftskrise, eines Krieges oder einer anderen Art von Stress werden sie aufgegeben.

Ein Stablecoin ist ein Currency Board, mit dem Unterschied, dass es sich um eine staatenlose digitale Währung (wie Tether) und nicht um eine nationale Währung handelt. Das bedeutet, dass es keinen Staat gibt, der vorschreibt, dass die Systemadministrator:innen den festen Wechselkurs einhalten; dass sie keine Stablecoins über den Wert ihrer Reserven hinaus schaffen, sie einlösen und sich aus dem Staub machen. Mit anderen Worten: Zusätzlich zur inhärenten Instabilität von Currency Boards sind Stablecoins ein gefundenes Fressen für Betrüger:innen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Tatsache, dass Stablecoins oder Bitcoin selbst in Ländern wie der Türkei, die von der Inflation betroffen sind, die Aura von Heilsbringern haben, nichts anderes als ein Maß für die Verzweiflung der Menschen ist: Sie klammern sich an Strohhalme. Stablecoins bieten den Türk:innen keine Rettung vor der Inflation, die der Kauf von Euro oder Dollar nicht bieten kann. Warum also Tether anstelle von Dollar oder Euro kaufen? Warum sollte man sich auf die zwielichtigen Gestalten verlassen, die einen privaten Währungsrat leiten? Nur weil letztere gutes Marketing betreiben, um verzweifelte Menschen auszubeuten.

Was halten Sie von den jüngsten Bemühungen Chinas, sowohl seinen FinTech-Markt als auch die Krypto-Industrie zu zügeln und die Entwicklung des E-Yuan zu beschleunigen? Sind sie ein Beispiel für Europa und die USA, dem man nacheifern sollte? Und wenn ja, was sind die Elemente, die es wert sind, übernommen zu werden?

Ich bin sehr beeindruckt von diesen Schritten, vor allem, wenn man sie als Ganzes betrachtet. Die chinesischen Behörden sind dabei, gleichzeitig (1) die Immobilienblase platzen lassen (indem sie Evergrande Stück für Stück zu Fall bringen); (2) die Gesamtinvestitionen von 50 % auf 30 % des BIP senken, um so den Anteil der Löhne am BIP zu erhöhen; (3) das erdrückende Nachhilfesystem für Schüler:innen beenden, das junge Seelen erdrückt, ohne kreatives Denken zu fördern; (4) das Schreiben von Science-Fiction und das Entwerfen von Spielen fördern; (5) die Macht von Big Tech einschränken; und, zu guter Letzt, (6) den digitalen Yuan online stellen.

Dieser letzte Schritt, der digitale Yuan, stellt eine Revolution dar: Wenn er voll funktionsfähig ist, wird er jede Einwohner:in Chinas, aber auch jeden aus der ganzen Welt, der mit China Handel treiben möchte, mit einer digitalen Geldbörse ausstatten – einem einfachen digitalen Bankkonto. Damit werden die Geschäftsbanken mit einem Schlag “entmachtet”, d.h. sie verlieren ihr Monopol über das Zahlungssystem. Dies ist wirklich ein radikaler Bruch mit dem Finanzwesen, wie wir es bisher kannten. Und ja, es ist einer, dem wir in Europa und den Vereinigten Staaten nacheifern sollten – was natürlich der Grund dafür ist, dass die Wall Street und der Rest der westlichen Finanzwelt ihr Bestes tun werden, um dies zu verhindern, da sie lieber die Welt in die Luft jagen, als zuzulassen, dass sie… ent-intermediiert werden.

Sind Sie mit den Plänen für den “digitalen Dollar” vertraut, die von Leuten wie Robert Hockett und Saule Omarova vorangetrieben werden und die im Wesentlichen auf der Notwendigkeit bestehen, einen demokratisch rechenschaftspflichtigen CBDC aufzubauen? Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass die Fed so etwas einführt, vor allem wenn man bedenkt, wie viel Widerstand – auch aus der Kryptoindustrie – es gegen die Nominierung von Omarova für die Biden-Administration gab? Kürzlich haben wir auch vom Kongressabgeordneten Tom Emmer gehört, der zwar verkündet, dass Washington eine Kryptowährung mit “amerikanischen Merkmalen” aufbauen sollte, aber der Fed jegliche Experimente mit einem CBDC verbieten will. Einer der von Emmer genannten Gründe für ein solches Vorgehen war die “Aufrechterhaltung der Dollar-Dominanz”. Was steckt Ihrer Meinung nach hinter solchen Ankündigungen? Bedeutet dies, dass die früheren Bemühungen von Facebook, einen eigenen Stablecoin zu lancieren – der jetzt (ironischerweise) Diem heißt -, wahrscheinlich einen offiziellen Stempel erhalten werden?

Die Situation klingt komplex, ist aber sehr, sehr einfach. Die meisten Dollar, Pfund, Euro und Yen sind bereits digital. Die Digitalisierung des Geldes ist nicht das Problem. Das Problem ist das Monopol des Zahlungssystems. Heute verwenden Sie digitales Geld (Telefon-Apps oder Plastikkarten), um eine Tasse Kaffee bei Starbucks zu kaufen. Doch dazu brauchen Sie zunächst ein Konto bei einer Geschäftsbank. Mit anderen Worten: Um Ihnen Zugang zu digitalem Papiergeld zu gewähren, zwingt der Staat Sie, sich in die Arme der Geschäftsbanken zu begeben.

Also garantiert der Staat heute den Geschäftsbanken ein Monopol auf Zahlungen. Und das ist nur ein Geschenk an die Oligarchie. Ein zweites, noch größeres Geschenk ist, dass nur Geschäftsbanken ein Konto bei der Zentralbank haben dürfen. Wenn also eine Rezession eintritt und die Zentralbank beschließt, die Wirtschaft anzukurbeln, senkt die Zentralbank den Zinssatz für den Überziehungskredit, den sie den Geschäftsbanken gewährt – die dies dann ausnutzen, um von Arbitrage zu profitieren (indem sie das Geld zu einem höheren Zinssatz an die Kund:innen weiterverleihen). Und wenn die Rezession noch schlimmer wird (wie es seit 2008 und jetzt mit der Pandemie der Fall ist), druckt die Zentralbank digitale Dollar oder Euro und schreibt sie direkt auf den Konten der Geschäftsbanken bei der Zentralbank gut. Das ist die Definition eines exorbitanten Privilegs!

Das ist der Grund, warum die Wall Street lieber die Welt explodieren, die Zeit untergehen oder das Armageddon eintreten sieht, als der Fed zu erlauben, mit dem digitalen Dollar fortzufahren: weil ein digitaler Dollar bedeuten würde, dass jede Einwohner:in der USA und jeder, der jenseits der US-Grenzen mit Amerikanern Handel treibt, eine digitale Brieftasche erhält. Das würde der Macht der Geschäftsbanken schaden. Erstens, weil die Menschen nicht mehr gezwungen wären, ein Bankkonto bei ihnen zu eröffnen (denken Sie an all die entgangenen Gebühren!). Zweitens, weil es keine Begründung mehr dafür gäbe, warum die Fed oder die EZB usw. nicht – wenn sie meinen, die Wirtschaft ankurbeln zu müssen – Helikoptergeld auf alle werfen können. Warum sollte man Dollar nur auf die Konten der Geschäftsbanken bei der Fed gutschreiben und nicht direkt auf die digitalen Geldbörsen der Bürger:innen? Warum sollte man den Geschäftsbanken überhaupt Geld geben?

Yanis Varoufakis in Barcelona, 2015 – source

Eine der anhaltenden Kritiken an Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum ist ihr immenser Energieverbrauch, der oberflächlich betrachtet der Preis dafür zu sein scheint, dass man dem Staat als Schiedsrichter der Wahrheit bzw. als Anbieter von Vertrauen nicht vertraut. Die von der Ethereum Foundation vorgeschlagene Lösung besteht darin, den energieintensiven Mechanismus des Proof of Work durch den weniger umweltschädlichen Proof of Stake zu ersetzen. Letzteres löst jedoch, wenn man sich die Details genau ansieht, das Energieproblem, indem es das gesamte System plutokratischer macht, da es im Wesentlichen nach dem Prinzip “ein Dollar (oder Ether) = eine Stimme” funktioniert. Was diese Krypto-Plutokratie für viele ihrer Befürworter:innen erträglich macht, ist ihre abgestumpfte Sicht auf das heutige Finanzsystem, das sie als noch plutokratischer und wild entschlossen ansehen, sich noch mehr von den Rettungsgeldern anzueignen. Wie kann man auf solche Kritik antworten?

Die Umweltkosten von Kryptowährungen sind zweifelsohne sehr hoch. Aber selbst wenn es einen Zauberstab gäbe, mit dessen Hilfe die Blockchain mit null Watt laufen würde, wären Kryptowährungen eher ein Problem als eine Lösung – aus Gründen, die ich oben erläutert habe. Kurz gesagt, innerhalb unseres derzeitigen oligarchischen, ausbeuterischen, irrationalen, und unmenschlichen Weltsystems wird der Aufstieg von Krypto-Anwendungen unsere Gesellschaft nur noch oligarchischer, ausbeuterischer, irrationaler und unmenschlicher machen. Deshalb mache ich mir bei meiner Opposition gegen die Krypto-Enthusiast:innen nicht einmal die Mühe, ihre ökologischen Auswirkungen zu erwähnen.

Schaut man sich einige der einflussreichen Krypto-Projekte genauer an, so findet man dort eine bizarre Mischung von Ideologien. Da gibt es zum Beispiel ein sehr ehrgeiziges Projekt namens Cosmos – es bewirbt sich selbst als “das Internet der Blockchains” – das als Genossenschaft gegründet wurde, eine institutionelle Form, die vielen Linken am Herzen liegt. Der Mitbegründer und CEO ist jedoch ein großer Anhänger des “Free Banking“, einer Ideologie, die von vielen Libertären in den USA vertreten wird. Glauben Sie, dass die Linke zu langsam war, um den Raum der Kryptowährungen und digitalen Währungen zu verstehen? Es hat den Anschein, dass es selbst bei einer Reihe von Themen, die vor Kryptowährungen angesiedelt waren – zum Beispiel Komplementär- und Alternativwährungen – keine kohärente linke Position gibt, so dass sie heute von den Krypto-Start-ups, die die Tokenisierung von allem vorantreiben, leicht angeeignet werden können…

Die Linke, die Radikalen, die Progressiven usw. haben sich entweder geweigert, die wahre Genialität der Blockchain anzuerkennen, oder sind ihr auf den Leim gegangen. Wir scheinen vergessen zu haben, dass Marx und Engels einerseits den Verstand und die Fähigkeit besaßen, die technologischen und wissenschaftlichen Wunder ihrer Zeit zu bewundern und zu feiern, und andererseits zu begreifen, dass diese potenziell befreienden Technologien zwangsläufig die Vielen versklaven würden, wenn sie von den Wenigen instrumentalisiert werden. Die beiden Deutschen glaubten an das emanzipatorische Potenzial der Dampfmaschine und des Elektromagnetismus. Aber sie glaubten nicht, dass die Gesellschaft durch die Dampfmaschine und/oder den Elektromagnetismus befreit werden würde. Die Befreiung erforderte eine politische Bewegung, die zuerst die Bourgeoisie stürzt und erst dann diese großartigen Technologien in den Dienst der Vielen stellt. Dies scheint mir ein hervorragender Weg zu sein, um die heutigen potenziell befreienden Technologien, einschließlich der Blockchain, anzugehen.

Sie kennen Michel Feher, den belgischen Aktivisten-Philosophen. Ich weiß nicht, ob Sie sein Buch “Rated Agency” gelesen haben, aber es ergreift viele Argumente derjenigen, die in der strukturellen Veränderung des globalen Finanzwesens, die nicht nur mit dem Aufstieg der Kryptowährungen, sondern auch mit der Popularität von Daytrading-Apps wie Robinhood einhergeht, etwas politisch Bedeutsames sehen, das von progressiven Kräften genutzt werden kann. Zumindest oberflächlich betrachtet ermöglichen letztere es Kleinanleger:innen, ihre Anstrengungen zu bündeln und sich in einem finanziellen Aktivismus zu engagieren, der zuvor nur Hedgefonds zur Verfügung stand (Feher selbst hatte eine interessante Interpretation der GameStop-Saga). Ich kann mir vorstellen, dass diese Logik bei der Koordinierung von Desinvestitionskampagnen funktioniert. Doch abgesehen vom Crowdfunding für z.B. kommunale Kleinstanleihen sehe ich noch keinen proaktiveren Einsatz dieser Macht – es sei denn, man will es der Hedgefonds-Branche heimzahlen und ihr die sorgfältig geplanten Leerverkäufe von Aktien wie GameStop vermiesen. Wie sehen Sie diese Landschaft? Ist es sinnvoll, die Linke dazu zu bringen, proaktiv einige Fähigkeiten zu entwickeln, die es ihr ermöglichen würden, die Märkte zu “bewegen”?

In Kapitel 6 meines Buches “Another Now” stellte ich mir vor, wie der Kapitalismus einer Reihe von Techno-Rebell:innen zum Opfer fiel, die eine Mischung aus Financial Engineering, weltweiten Verbraucherboykotten, und konventionellen Streiks/Aktivismus einsetzten. Ich erinnere mich an Anrufe von US-Journalist:innen ein Jahr später, die mich fragten: “Sind Ihre Crowdshorters in Aktion?” Ich war sehr amüsiert, als sie von den Crowdshorters sprachen, als wären sie eine echte Techno-Rebell:innengruppe. Auslöser für die Fragen der Journalist:innen war natürlich die Mini-Rebellion bei GameStop, bei der Millionen von Kleinanleger:innen über die Robinhood-Plattform gegen ein paar üble Hedgefonds antraten. Es ist also klar, dass ich von der Idee einer Techno-Rebellion mächtig begeistert bin. Wenn Sie wissen wollen, wie ich mir das vorstelle, an Tagen, an denen die Hoffnung den Pessimismus übertrumpft, dann ist dieses Kapitel meine lange Antwort.

Ich erwarte einen gewaltigen Kampf um das Recht auf eine digitale EZB-Brieftasche, der Erinnerungen an den Kampf um das allgemeine Wahlrecht wecken wird.

 

Sie haben sich gegen eine Entpolitisierung des Geldes ausgesprochen, was zumindest teilweise auch Ihre kritische Haltung gegenüber Bitcoin erklärt. Es gab, wie Sie gut wissen, Pläne für einen digitalen Euro. Er wäre wahrscheinlich politischer als Bitcoin, da er eine direkte Verbindung zur EZB hätte. Aber solange die EZB als eine technokratische und unpolitische Institution angesehen wird, würde das auch für den digitalen Euro gelten. Sie haben in der Vergangenheit viel darüber geschrieben und gesprochen, aber was würde es in der Praxis bedeuten, eine Institution wie die EZB zu politisieren? Allgemeiner ausgedrückt: Was würde es für die praktische Politik bedeuten, die “politische” Dimension des Geldes im Blick zu behalten?

Die europäischen Banker:innen verabscheuen die Idee eines digitalen Euro ebenso sehr wie die Banker:innen der Wall Street die Idee eines digitalen Dollars. Er würde ihr Monopol über den Zahlungsverkehr beenden und die exklusive Nabelschnur, die sie mit den Druckerpressen der Zentralbanken verbindet, schwer zu rechtfertigen machen (siehe oben). Das Besondere an der Eurozone ist, dass es kein Schatzamt der Eurozone, keine gemeinsamen Schulden, und kein föderales Entscheidungsgremium gibt. Dies ist, damit wir es nicht vergessen, ein Konstruktionsmerkmal der Eurozone, das die europäische Oligarchie so sehr liebt. Wenn ich es mir genau überlege, ist die Nichtexistenz einer Regierung, die in der Lage ist, beträchtlichen Reichtum von den Finanziers und Unternehmen an die Allgemeinheit zu transferieren (nicht einmal die deutsche Regierung kann das), der feuchte Traum jeder Oligarchie. Warum sollten sie diesen Triumph durch die Schaffung einer demokratisch gewählten Bundesregierung oder eines digitalen Euro zunichte machen wollen?

Aber hier ist ein interessanter Gedanke: Die Völker Europas haben es versäumt, sich für eine föderale Demokratie in Europa einzusetzen. Die digitale Währung der chinesischen Zentralbank könnte sich jedoch als schwieriger zu ignorieren erweisen: Wenn ein niederländisches oder deutsches Unternehmen, das mit China Handel treibt, eine digitale Brieftasche von der chinesischen Zentralbank erwerben kann, wird es diese mit Sicherheit nutzen. Das bedeutet, dass die Vorherrschaft des Euro sogar innerhalb Europas angefochten wird. Der Druck auf die EZB, einen digitalen Euro zu schaffen, ist also enorm. Aber ebenso groß ist der Gegendruck der Oligarchie, um sicherzustellen, dass die Menschen in Europa, selbst wenn ein digitaler Euro geschaffen wird, keine digitale Euro-Geldbörse bei der EZB haben dürfen. In diesem Sinne erwarte ich einen gewaltigen Kampf um das Recht auf eine digitale EZB-Brieftasche, der Erinnerungen an den Kampf um das allgemeine Wahlrecht wecken wird.

Was halten Sie von den Vorgängen in El Salvador? Das Land hat nicht nur Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt (kurz nach der Ankündigung der Chivo-Wallet, gefüllt mit ein wenig Geld, um einen Anreiz für die Nutzung zu schaffen), sondern wird auch die so genannten Vulkan-Anleihen ausgeben, die für einige Kontroversen gesorgt haben. Kann man diese Anleihen als eine Taktik betrachten, die die Möglichkeiten El Salvadors bei den Verhandlungen mit dem IWF erweitert? Glauben Sie aufgrund Ihrer eigenen Erfahrungen bei Verhandlungen mit dieser Institution, dass sie eine Chance auf Erfolg haben?

Es ist ein absurder Gag. Ich kann denjenigen, die mir sagen: “Hätten Sie, Yanis, Bitcoin schon 2015 eingeführt, wären alle Probleme der griechischen Bevölkerung verschwunden!”, beim besten Willen keine Antwort geben. Warum sollten sie? Die Armen in Griechenland oder El Salvador hätten ohnehin keine Möglichkeit, an Bitcoin heranzukommen. Die einzigen Nutznießer:innen wären dann die Bitcoin-Hamsterer (von denen nur sehr wenige in El Salvador oder Griechenland leben), die plötzlich von einem Anstieg der Bitcoin-Nachfrage und davon profitieren, dass sie ihre Vorräte in El Salvador ausgeben können, ohne sie in Dollar umtauschen zu müssen. Die einzigen armen El Salvadorianer:innen, die etwas davon haben könnten, sind die Auswanderer:innen, die Geld in Form von Überweisungen nach Hause schicken – Menschen, die jetzt von Western Union und dergleichen geschröpft werden.

Zu Volcano Bonds: Dies ist eine gefährliche Entwicklung. Eine Regierung lädt Spekulant:innen ein, Kryptowährungen zu kaufen, die von einem verarmten Staat unterstützt werden. Die frühen Bitcoin-Enthusiast:innen waren zum Teil durch ihre Abscheu von Regierungen motiviert, die untragbare Schulden aufnahmen – bevor sie sich im Inland der finanziellen Repression und Austerität hingaben -, um ihre Schulden zu “extend-and-pretend”en. Die Sorge war, dass die Wall Street und andere schmierige konventionelle Finanziers irgendwann anfangen würden, ähnliche Pyramiden auf… Bitcoin zu bauen. Und die größte Befürchtung war, dass der Staat sich daran beteiligen würde. Nun, mit Volcano Bonds wird dieser Albtraum Wirklichkeit, denn sie ermöglichen es Spekulant:innen, mit einer Kryptowährung zu spekulieren und dabei einen verarmten Staat als Backup zu nutzen.

Ganz allgemein, und damit wir es nicht vergessen, sind die Staatsschulden El Salvadors in Dollar und somit unabhängig davon, ob Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt wird oder nicht. Die Einführung von Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel bringt nur enorme Kosten für kleine Unternehmen mit sich und stellt sicher, dass diejenigen, die Bitcoin akzeptieren, quasi aus dem inländischen Steuersystem aussteigen – was zu einem erheblichen Verlust an fiskalischem Spielraum für die Regierung führt, eine Entwicklung, die ihre langfristige Dollar-Schuldenlast erhöht.

Was das Argument angeht, dass durch die Annahme von Bitcoin mehr Bitcoin in das Land strömen wird, wodurch Investitionen angekurbelt werden und die Regierung mehr Freiheitsgrade gegenüber dem IWF erhält, kann ich auch hier die Logik nicht erkennen. Bitcoin-Unternehmen sind in die baltischen Staaten, nach Puerto Rico, und anderswohin gezogen, weil dort die Kosten und Steuern niedrig, und die Regulierung ihrer Aktivitäten vernachlässigbar sind. Es war ihnen egal, ob der Laden an der Ecke per Gesetz gezwungen wird, Bitcoin zu akzeptieren. (Jedenfalls nutzen die meisten dieser Unternehmen Bitcoin letztendlich, um große Mengen an… Dollar zu verdienen!).

In Anbetracht der obigen Ausführungen kann ich nicht erkennen, warum irgendjemand glaubt, dass die Regierung von El Salvador durch die Einführung von Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel ihre Verhandlungsposition gegenüber dem IWF verbessern würde. Die Tatsache, dass der IWF absolut dagegen ist, dass Bitcoin in El Salvador den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels erhält, ebenso wie gegen die Vulkananleihen des Präsidenten, bedeutet nicht, dass der IWF befürchtet, dass seine Verhandlungsposition gegenüber der Regierung von El Salvador geschwächt wird. Ganz im Gegenteil: Sie sagen voraus, dass das Bitcoin-Experiment den fiskalischen Spielraum der salvadorianischen Regierung verringern, die Macht des IWF über El Salvador stärken, aber gleichzeitig den Druck auf den IWF erhöhen wird, weitere Rettungsgelder für ein gescheitertes El Salvador bereitzustellen. Nach dem jüngsten Fiasko, das der IWF mit den riesigen Rettungspaketen für die rechtsradikale Macri-Regierung in Argentinien angerichtet hat, ist das nichts, worauf die IWF-Leute Wert legen.

Sie haben in einem Interview behauptet, dass Bitcoin feudalistische Elemente enthält, da es keinen demokratischen Mechanismus gibt, der festlegt, wer wie viele Bitcoins erhält, und somit die frühen Anwender:innen begünstigt werden. Interessanterweise beziehen Sie hier den Feudalismus auf die Demokratie und nicht auf den Kapitalismus. Denn wenn man über den kapitalistischen Wettbewerb nachdenkt – aber auch über all die zwielichtigen Dinge, die Marxist:innen gerne unter “primitive Akkumulation” zusammenfassen – kann man leicht argumentieren, dass an dem, was Sie beschreiben, nichts Unkapitalistisches ist: Diejenigen, die früh eingestiegen sind, haben den größten Teil des Kuchens bekommen, während das Krypto-Mining, so wie es heute existiert, diejenigen mit größerem Kapitaleinsatz begünstigt. Warum sollte man dieses System als “feudalistisch” bezeichnen, wenn “kapitalistisch” genauso gut passen würde?

Vermögenswerte an sich sind weder feudalistisch noch kapitalistisch. Ob wir nun über Gold, Gurken, oder Bitcoin sprechen, Vermögenswerte sind Vermögenswerte – Ende der Geschichte. Was einen Vermögenswert feudal, kapitalistisch, oder sozialistisch macht, ist die Art und Weise, wie er mit den sozialen Produktionsverhältnissen einer Gesellschaft interagiert, das Muster der Eigentumsrechte, die er begründet, usw. Als ich die frühen Bitcoin-Anhänger:innen als Krypto-Aristokratie, als Krypto-Lords, bezeichnete, wollte ich damit sagen, dass wenn ein Vermögenswert wie Bitcoin (dessen Tauschwert auf künstlicher Knappheit beruht) in ein oligarchisches Ausbeutungssystem (Kapitalismus, Kleptokratie, Techno-Feudalismus usw.) eingebettet wird, er den grundlegenden Charakter der (vorkapitalistischen) Feudalordnung erhält: Eine kleine Minderheit ist ermächtigt, Renten im Verhältnis zu den Teilen des Vermögens zu kassieren, mit denen sie begonnen hat. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Bitcoin per se weder feudalistisch noch kapitalistisch ist. Er ist einfach oligarchisch.

Yanis Varoufakis in London, 2017 – source

Kürzlich haben Sie das Thema des “Techno-Feudalismus” aufgegriffen und darauf hingewiesen, dass der Kapitalismus nicht mehr das ist, was er einmal war. Wenn ich Ihre These richtig verstehe, ist das derzeitige System deshalb “feudal”, weil A) die Märkte nicht mehr der Schlüssel zur Erzielung von Gewinnen sind (z. B. deutet die Erfahrung mit QE darauf hin), während B) Technologieplattformen eine immense politische Macht erlangt haben, die es im Kapitalismus noch nie gegeben hat. Ist dies eine korrekte Zusammenfassung Ihrer Argumentation? Gibt es andere wichtige Dimensionen des “Techno-Feudalismus”, die in dieser Zusammenfassung nicht erfasst werden?

Die Frage ist folgende: Durchläuft der Kapitalismus eine weitere seiner vielen Metamorphosen, so dass er lediglich eine neue Bezeichnung verdient, z.B. Rentierkapitalismus, Plattformkapitalismus, Hyperkapitalismus oder xxxxx-Kapitalismus? Oder sind wir Zeugen einer qualitativen Umwandlung des Kapitalismus in eine völlig neue ausbeuterische Produktionsweise? Ich denke Letzteres. Außerdem ist dies nicht nur eine theoretische Frage. Wenn ich Recht habe, ist das Erfassen der Radikalität dieses Wandels entscheidend für den Widerstand gegen diese neue systematische Ausbeutung.

Verwunderung ist natürlich eine verständliche Reaktion auf meine Behauptung, die sehr erklärungs- und begründungsbedürftig ist. Ich bin nicht in der Lage, sie hier in vollem Umfang darzulegen (Anm.: Ich werde mein nächstes Buch diesem Thema widmen), aber hier ist ein kleiner Vorgeschmack:

Der Kapitalismus ist überall, wohin wir schauen. Das Kapital akkumuliert sich rasant und schlägt der Arbeit überall und auf grausame neue Weise auf den Kopf. Wie kommt es also, dass ich behaupte, es handele sich nicht mehr um Kapitalismus – sondern um etwas Schlimmeres und Eigenständiges? Zunächst möchte ich unsere Leser:innen daran erinnern, dass in den 1780ern der Feudalismus allgegenwärtig und die Feudalherren stärker denn je waren. Schleichend infizierte der Kapitalismus jedoch bereits die Wurzeln des Feudalismus und eine neue herrschende Klasse (die Bourgeoisie) war im Begriff, die Macht zu übernehmen.

Ich behaupte, dass der Kapitalismus heute – ähnlich wie der Feudalismus in den 1780ern – von einem weitaus ausbeuterischerem und sehr ausgeprägtem neuen extraktiven/ausbeuterischen System (das ich als Techno-Feudalismus bezeichne) verdrängt wird, das komplett mit einer neuen herrschenden Klasse ankommt.

Kritiker:innen meiner These werden zu Recht darauf hinweisen, dass der Kapitalismus viele Wandlungen durchlaufen hat – von seiner frühen Wettbewerbsphase über den Monopol- und Oligopolkapitalismus (ab 1910), die Bretton-Woods-Periode (in der das Finanzwesen mit Kapitalkontrollen usw. an der Leine gehalten wurde), den finanzialisierten Kapitalismus (ab 1980) und in jüngster Zeit den Rentierkapitalismus. Alle diese Kapitalismen waren unterschiedlich und unterschieden sich auf interessante Weise voneinander. ABER, sie waren alle eine Version des Kapitalismus.

Was macht ein System kapitalistisch? Die Antwort lautet: Es ist ein System, das von privaten Gewinnen (nicht von Renten) angetrieben wird, die auf Märkten erzielt werden. (Zum Vergleich: Der Feudalismus wurde durch Renten angetrieben, die außerhalb von Märkten erzielt wurden). Hat sich das geändert? Ich glaube ja. Was ist an die Stelle zum einen des Profits und zum anderen der Märkte getreten? Meine Antwort: Zentralbankgeld ist an die Stelle des privaten Profits (als Haupttreibstoff und Schmiermittel des Systems) getreten, und digitale Lehensgüter/Plattformen sind zu dem Bereich geworden, in dem Wert und Kapital der Mehrheit von einer winzigen Oligarchie entzogen werden.

Lassen Sie mich dies näher erläutern:

Hypothese 1: Zentralbankgeld hat die privaten Gewinne als Motor des Systems ersetzt

Die Rentabilität ist nicht mehr die Triebfeder des Systems als Ganzes, auch wenn sie für individuelle Unternehmer:innen nach wie vor das A und O ist. Denken Sie daran, was am 12. August 2020 in London geschah. Es war der Tag, an dem die Märkte erfuhren, dass die britische Wirtschaft katastrophal geschrumpft war – und zwar weitaus stärker als von Analysten erwartet (in den ersten sieben Monaten des Jahres 2020 waren mehr als 20 % des Volkseinkommens verloren gegangen). Als die Finanzleute die düsteren Nachrichten hörten, dachten sie: “Toll! Die Bank von England wird in ihrer Panik noch mehr Pfund drucken und sie an uns weiterleiten, um Aktien zu kaufen. Zeit, Aktien zu kaufen!”

Dies ist nur eine der zahlreichen Erscheinungsformen einer neuen globalen Realität: In den Vereinigten Staaten und überall im Westen drucken die Zentralbanken Geld, das die Finanziers den Unternehmen leihen, die es dann zum Rückkauf ihrer Aktien verwenden – deren Preise dadurch von den Gewinnen abgekoppelt werden. Die neuen Baron:innen erweitern so Dank der Staatsgeldern ihre Lehen, auch wenn sie keinen einzigen Cent Gewinn machen! Außerdem diktieren sie dem vermeintlichen Souverän – den Zentralbanken, von denen sie “liquide” gehalten werden – die Bedingungen. Während sich die Fed beispielsweise ihrer Macht und Unabhängigkeit rühmt, ist sie heute völlig machtlos, das zu beenden, was sie 2008 begonnen hat: Das Drucken von Geld im Auftrag von Banker:innen und Unternehmer:innen. Selbst wenn die Fed den Verdacht hat, dass sie, indem sie die Unternehmensbaron:innen liquide hält, die Inflation anheizt, weiß sie, dass ein Ende des Gelddruckens das Haus zum Einsturz bringen würde. Die Angst, eine Schulden- und Konkurslawine auszulösen, macht die Fed zu einer Geisel ihrer eigenen Entscheidung, Geld zu drucken, und sorgt dafür, dass sie weiterhin Geld drucken wird, um die Baron:innen liquide zu halten. Das hat es noch nie gegeben. Mächtige Zentralbanken, die heute das System im Alleingang am Laufen halten, haben noch nie so wenig Macht gehabt. Nur im Feudalismus fühlte sich der Souverän seinen Baron:innen ähnlich unterwürfig, während er gleichzeitig dafür verantwortlich war, das ganze Gebäude zusammenzuhalten.

Hypothese 2: Digitale Plattformen treten an die Stelle der Märkte

Amazon.com, Facebook, etc. sind keine Märkte. Wenn man sie betritt, lässt man den Kapitalismus hinter sich. Auf diesen Plattformen entscheidet ein Algorithmus (der einer Person oder sehr wenigen Personen gehört), was zum Verkauf angeboten wird, wer sieht, welche Ware verfügbar ist, und wie viel Pacht die Eigentümer:in der Plattform von den Gewinnen der Vasallenkapitalist:innen einbehält, die auf der Plattform handeln dürfen. Kurz gesagt, immer mehr wirtschaftliche Aktivitäten verlagern sich von Märkten zu digitalen Lehen. Und das ist noch nicht alles.

Im 20. Jahrhundert und bis heute erhielten die Arbeitnehmer:innen in großen kapitalistischen Oligopolunternehmen (wie General Electric, Exxon-Mobil oder General Motors) etwa 80 % des Unternehmenseinkommens. Die Beschäftigten von Big Tech erhalten nicht einmal 1 % der Einnahmen ihres Arbeitgebers. Das liegt daran, dass bezahlte Arbeitskräfte nur einen Bruchteil der Arbeit verrichten, von der Big Tech profitiert. Wer verrichtet den größten Teil der Arbeit? Die meisten anderen von uns! Zum ersten Mal in der Geschichte produziert fast jede:r umsonst (oft mit Begeisterung) und trägt so zum Kapitalstock von Big Tech bei (das bedeutet es, wenn man Dinge auf Facebook hochlädt oder sich bewegt, während man mit Google Maps verbunden ist). Darüber hinaus nimmt dieses Kapital eine neue, weitaus mächtigere Form an (siehe unten, wo ich vom Kommandokapital spreche).

Gleichzeitig erleben Unternehmen, die auf normalen kapitalistischen Märkten operieren – außerhalb von Big Tech und Big Finance -, wie ihre Rentabilität ohnehin zusammenbricht, ihre Abhängigkeit von Zentralbankgeld exponentiell wächst, und ihr Eigentum von Private Equity und SPACs aufgefressen wird. Ergo, so wie die feudalen sozialen Produktionsverhältnisse in den 1780er Jahren am Dahinschwinden  waren (und durch kapitalistische soziale Beziehungen ersetzt wurden), sind es heute die kapitalistischen sozialen Produktionsverhältnisse, die durch das ersetzt werden, was ich techno-feudale soziale Beziehungen nenne.

Zusammenfassend:

Das Kapital wird stärker, aber der Kapitalismus liegt im Sterben. Ein neues System tritt an die Stelle, in dem eine neue herrschende Klasse sowohl das staatliche Geld besitzt und verwaltet, mit dem es geschmiert wird (anstelle von Profiten), als auch die neuen nicht-marktlichen Bereiche, in denen die sehr, sehr Wenigen die Vielen für sich arbeiten lassen. Die kapitalistischen Profite (im Sinne der unternehmerischen Profite, wie sie von Adam Smith und Marx verstanden wurden) verschwinden, während sich auf den Konten der neuen Techno-Lords, die sowohl den Staat als auch die digitalen Lehen kontrollieren, neue Formen der Pacht ansammeln, in denen unbezahlte oder prekäre Arbeit von den Massen verrichtet wird, die allmählich Techno-Bäuer:innen ähneln.

Eine häufige Aussage in Argumenten über den Aufstieg des Techno-Feudalismus ist, dass Tech-Plattformen nur passive Rentiers sind, die immense Gewinne aus Nutzer:innendaten ziehen, für die sie sehr wenig zahlen. Um es auf die extremste Art und Weise auszudrücken: Es handelt sich um faule, zumeist immaterielle Rentiers, die sich auf ihren Lorbeeren ausruhen, nachdem sie eine Menge an geistigem Eigentum angehäuft haben. Diese Lesart liegt auch vielen der enthusiastischen Berichte über Web3 zugrunde, die versprechen, den Datenreichtum mit den Nutzer:innen zu teilen, die ihn erzeugt haben. Schaut man sich jedoch die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen dieser Unternehmen an, ergibt sich ein anderes Bild: Sie investieren tatsächlich mehr – und nicht weniger – in materielle und greifbare Vermögenswerte als Nicht-Tech-Firmen (und mehr als sie selbst vor einem Jahrzehnt), während sie gleichzeitig immense R&D- und Kapitalausgaben tätigen (z. B. Amazon für 2020 über 40 Milliarden Dollar, Alphabet fast 30 Milliarden Dollar). Dies scheint recht gut zu der Auffassung zu passen, dass es sich bei diesen Firmen um kapitalistische Unternehmen handelt, die zwar einige Märkte kontrollieren, aber dennoch auf anderen konkurrieren (Google, Facebook und Amazon im Bereich Werbung; Google, Microsoft, Amazon und Alibaba im Bereich Cloud Computing und KI-Dienste). Laufen wir nicht in Gefahr, die real existierenden kapitalistischen Dynamiken dieser Tech-Ökonomie zu minimieren, wenn wir die mit dem Feudalismus verbundenen Dynamiken betonen?

In folgender Hinsicht stimme ich mit Ihnen überein: Jeff Bezos, Elon Musk und Co. investieren massiv und sind keineswegs wie die faulen Aristokrat:innen der ursprünglichen Feudalzeit. Das bedeutet aber nicht, dass ihre Investitionen Teil einer normalen kapitalistischen Dynamik sind. Techno-Feudalismus ist nicht einfach Feudalismus mit Gadgets. Er ist gleichzeitig viel fortschrittlicher als der Kapitalismus und erinnert an den Feudalismus.

Lassen Sie mich präziser werden. Die massiven Investitionen von Big Tech, die Sie erwähnen, sind entscheidend. Nicht nur wegen ihrer Größe, sondern vor allem wegen dem, was sie hervorbringen: eine neue Form von Kapital, die ich als Kommandokapital bezeichne. Was ist Kommandokapital?

Das Standardkapital besteht aus produzierten Produktionsmitteln. Das Kommandokapital hingegen besteht aus produzierten Mitteln zur Organisation der industriellen Produktionsmittel. Seine Eigentümer:innen können enorme neue Werte schaffen, ohne die industriellen Produktionsmittel zu besitzen, sondern lediglich durch den Besitz der privatisierten Informationsnetzwerke, die das Kommandokapital verkörpern.

Das Kommandokapital, um genau zu sein, lebt in Netzwerken/Plattformen in Privatbesitz und hat das Potenzial, diejenigen, die es nicht besitzen, zu zwei Dingen anzuhalten: Die Maschinen/Algorithmen, auf denen es lebt, zu trainieren, um (A) unser Konsumverhalten zu steuern und (B) direkt noch mehr Kommandokapital im Namen seiner Besitzer:innen zu produzieren (z.B. Dinge auf Facebook zu posten, eine Form der De-Kommodifizierung von Arbeit).

Abstrakter formuliert: Das Standardkapital ermöglicht es den Kapitalist:innen, Tauschmehrwert anzuhäufen. Das Kommandokapital hingegen ermöglicht es den Techno-Lords (d. h. Jeff Bezos, Elon Musk, und anderen), Kommandowert anzuhäufen. Kommandowert? Ja: Jede digitale Ware hat in dem Maße einen Befehlswert, in dem ihre Käufer:in sie nutzen kann, um eine alltägliche menschliche Aktivität in die Fähigkeit zu verwandeln, einen Algorithmus zu trainieren, der zwei Dinge tut: (A) uns dazu zu bringen, Dinge zu kaufen, und (B) uns dazu zu bringen, kostenlos und zu ihrem Nutzen Kommandokapital zu produzieren.

In der Sprache der politischen Ökonomie von Marx wird das Ausmaß des in jeder digitalen Ware enthaltenen Kommandowertes bestimmt durch die Summe aus: dem Mehrwert der Waren, die uns dazu bringen, sie zu kaufen (siehe A oben) + der Arbeitszeit, die gesellschaftlich/technisch notwendig ist, um eine Einheit Kommandokapital zu produzieren (unter B oben), das sich die Techno-Lords sofort aneignen können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das, was Bezos, Musk und Co. durch ihre massiven Investitionen erreichen, weder im Sinne des Feudalismus noch des Kapitalismus verstanden werden kann.

  • Der Feudalismus beruhte auf der direkten Gewinnung von Erfahrungs-/Nutzwert aus den Bäuer:innen.
  • Der Kapitalismus basierte auf der Ausbeutung des Arbeitsüberschusses aus der Lohnarbeit.
  • Der Technofeudalismus ist ein neues System, in dem die Techno-Lords eine neue Macht ausüben, um den Rest von uns dazu zu bringen, Dinge in ihrem Namen zu tun. Diese neue Macht beruht auf der Investition in eine neue Form von Kapital (Kommandokapital), die es ihnen ermöglicht, eine neue Art von Wert (Kommandowert) anzuhäufen, der ihnen wiederum die Möglichkeit gibt, Mehrwert aus (i) Vasallenkapitalist:innen, (ii) dem Prekariat und (iii) jedem, der ihre Plattformen nutzt, um in ihrem Namen zu produzieren, unbewusst noch mehr Kommandokapital zu gewinnen.

Wenn ich recht habe, würden wir, wenn wir dieses neue Umfeld weiterhin … Kapitalismus nennen, die Gelegenheit verpassen, die radikal anderen und neuen Prozesse wahrzunehmen, die unser Leben im Hier und Jetzt bestimmen. Techno-Feudalismus kommt meiner Meinung nach dieser schönen (wenn auch dystopischen) neuen Welt viel näher.

Das Interview wurde von Evgeny Morozov geführt und ursprünglich auf The Cryptus Syllabus veröffentlicht.

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Macron und Le Pen: Eine wachsende beiderseitige Abhängigkeit

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Die komfortable Wiederwahl des französischen Präsidenten Emmanuel Macron gegen eine Gegnerin, die seine Abneigung ihr gegenüber erwidert, verdeckt fast eine gewisse gegenseitige Abhängigkeit zwischen ihren politischen Lagern.

Emmanuel Macron und Marine Le Pen mögen sich verabscheuen, aber sie haben eine Art politischer Symbiose entwickelt, die entscheidende Einblicke in die aktuelle Lage in Frankreich, Europa und darüber hinaus bietet.

Das Schreckgespenst eines Sieges von Le Pen scheint eine schöne Tradition zu begründen, indem es Amtsinhabern hilft, in den Elysée zurückzukehren. Vor Macron, vor 20 Jahren, hatte es Jacques Chirac geholfen, 82 Prozent der Wählerschaft gegen Marine Le Pens Vater, Jean-Marie Le Pen, zu vereinen.

Aber dieses Mal ist es anders. Im Jahr 2002 war es eine Einbahnstraße: Die Angst vor Le Pen führte zu Chiracs Triumph. Im Jahr 2022 war es eher eine Zweibahnstraße: Le Pen verhalf Macron zu einer klaren Mehrheit der Wählerschaft, während Macron Le Pen unterstützte – und damit der Ultrarechten zu einem Stimmenanteil verhalf, der uns Progressive einst vor Scham den Kopf hätte hängen lassen. In den letzten fünf Jahren wuchs die gemeinsame Abhängigkeit zwischen Macron und Le Pen nicht trotz der gegenseitigen Antipathie der beiden Kontrahenten, sondern zumindest teilweise wegen ihr.

Chiracs Wiederwahl 2002 basierte auf einer Koalition der Rechten, der Mitte und der Linken gegen die fremdenfeindliche Ultra-Rechte. Vor fünf Jahren, als er erneut mit der gleichen rechtsextremen Bedrohung konfrontiert war, brach Macron mit dem Schema, indem er sich weder als links noch als rechts präsentierte. Das hat funktioniert, nur zu gut. Ein Beweis für den Erfolg von Macrons Mantra “weder links noch rechts” ist, dass es das Denken derjenigen in der Wählerschaft infiziert hat, die ihn am heftigsten ablehnen.

Die Jungen, das Prekariat und zunehmend auch die unsichereren Teile des Proletariats weigern sich, die Präsidentschaftskandidat:innen nach dem Links-Rechts-Schema zu beurteilen. Sie sehen ein Frankreich, das von einer fremden Welt des Geldes regiert wird, die sie nicht nur zurückgelassen hat, sondern sie faktisch auch zurückhält. In ihren Augen verkörpert Macron diese Welt. Für sie besteht die neue politische Kluft zwischen seriösen Politiker:innen, die versprechen, diese Welt zu erhalten, und Außenseiter:innen, die versprechen, sie zu zerstören.

In der vor der Wahl im Fernsehen übertragenen Debatte zwischen den beiden Kandidat:innen gelang es Macron, sich als Inbegriff des effizienten, kompetenten Administrators zu präsentieren, der das System versteht und es besser verwalten kann. Aber das beeindruckt Wähler:innen nicht, die das System sprengen und nicht besser verwalten wollen.

Macrons Herangehensweise erinnerte mich an die Hardcore-Remainers in Großbritannien, die die Blitz-Mentalität der Brexit-Wähler:innen nicht vorhersehen konnten: Je mehr man ihnen mit Diagrammen und Statistiken erklärte, dass sie unter dem Brexit leiden würden, desto begeisterter waren sie von der Aussicht, kollektive Opfer zu bringen, um ein System zu zerstören, das ihrer Meinung nach gegen sie gerichtet war.

Um auf den Vergleich mit der Wahl von 2002 zurückzukommen: Es gibt einen großen Unterschied zwischen der spektrenübergreifenden Koalition, die Chirac unterstützte, und Macrons radikalem Weder-Links-noch-Rechts-Mantra. Vor zwanzig Jahren unterstützten linke Wähler:innen einen Politiker der Rechten, um Le Pen zu verhindern. Chirac war sich bewusst, dass ihre Stimme den etablierten politischen Kräften wie der Sozialistischen Partei und der Kommunistischen Partei entliehen war, und er regierte wie auf der Grundlage eines impliziten Vertrags mit scharfen Kritiker:innen des Establishments. Im Gegensatz dazu gelang es Macron, die Parteien der Linken und der Rechten auszuschalten, bevor er das Schreckgespenst Le Pen heraufbeschwor, um ganz zu dominieren.

Nach seinem Einzug in den Elysée-Palast und mit einer absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung verfolgte Macron seine Agenda frei von den Verpflichtungen, die Chirac auferlegt worden waren, und wurde nur durch die Zwänge der großen Finanzwelt und einer austeritätsorientierten Europäischen Union, die den Interessen der Wirtschaft verpflichtet ist, eingeschränkt. Innerhalb weniger Jahre gelang es ihm, Paris unternehmensfreundlicher zu machen, die französische Start-up-Szene zu beleben und die offizielle Arbeitslosenquote zu senken.

Doch das Prekariat wuchs. Viele Wähler:innen sahen ihre Aussichten als unmittelbare Folge einer Politik schwinden, die ihnen als regelrechter Klassenkrieg gegen sie persönlich erschien: Steuergeschenke für die ohnehin schon Superreichen, Deregulierung von Entlassungen, eine regressive Kohlendioxidsteuer und die Entschlossenheit, das Renteneintrittsalter in einem Land deutlich anzuheben, in dem die Lebenserwartung armer Menschen um 13 Jahre niedriger ist als die wohlhabender Menschen.

Diese Realität wurde zur Grundlage der sich gegenseitig verstärkenden Rückkopplungsschleife zwischen Macrons und Le Pens politischem Schaffen. Auch wenn es keinen Hauch von Absprache gibt – sie sind eindeutig allergisch gegeneinander – bildet die Dynamik zwischen ihnen eine politische Sackgasse, welche eine neue Art der Kapitalakkumulation ermöglicht, die eine neue herrschende Klasse hervorgebracht hat, der Macron letztlich dient und deren Herrschaft gestärkt wird, wenn jemand wie Le Pen die offizielle Opposition bildet.

Nichts von dem oben Gesagten sollte als Abneigung gegen eine Parteinahme interpretiert werden. Vor fünf Jahren rief ich jeden, der mir zuhörte, dazu auf, für Macron und gegen Le Pen zu stimmen. Alles, was ich brauchte, war der Gedanke an den Schrecken in den Herzen und Köpfen meiner französischen Freunde, insbesondere derjenigen mit brauner Hautfarbe, bei der Aussicht, dass Le Pen die Polizei und das Innenministerium in die Hände bekommt.

Dieses Jahr erwies sich dies als schwieriger, selbst wenn DiEM25 (die Bewegung, der ich angehöre) beschlossen hat, die gleiche Empfehlung an unsere französischen Mitglieder zu richten. Der Rückkopplungseffekt zwischen Macron und Le Pen hat den Raum, der sie in Fragen der Menschenrechte und der grundlegenden Würde trennte, verkleinert. Wie können wir Gérald Darmanin, Macrons Innenminister, vergessen, der Le Pen letztes Jahr dafür anprangerte, sie sei “zu weich in Sachen Einwanderung“?

Politiker:innen im Stile Macrons versagen überall, wenn es darum geht, für den liberalen Rationalismus einzustehen, für den sie plädieren. Sie versteckten sich hinter ihrem “Weder-Links-noch-Rechts”-Narrativ und unterstützten die irrationale Kombination aus Sparmaßnahmen und Bankenrettung, die zu 12 Jahren Stagnation führte und ernsthafte Investitionen in grüne Energien verhinderte. Während der Pandemie beugten sie sich sinnlosen Verstößen gegen die Bürgerrechte. Heute verteufeln sie Gemäßigte, die vor einer Eskalation des NATO-Russland-Konflikts warnen und ein Abkommen zwischen den USA und Russland unterstützen, das einer neutralen Ukraine den Beitritt zur EU ermöglicht, sie aber aus der NATO heraushält.

Die Moral von Macrons Wiederwahl besteht darin, dass in klassengeprägten Gesellschaften die Links-Rechts-Spaltung unverzichtbar bleibt. Wenn es den Politiker:innen der Mitte gelingt, sie zu verschleiern, geraten sie in eine dynamische Rückkopplungsschleife mit der extremen Rechten, die sie schriller und irrationaler wirken lässt, während die extreme Rechte auf trügerische Weise sympathischer erscheint. Selbst wenn sie gewinnen, verlieren sie.

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DiEM25 stellt sich kritisch hinter Macron gegen Le Pen in der zweiten Runde der französischen Wahlen

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Nach einer Abstimmung aller Mitglieder über die Stichwahl zwischen Macron und Le Pen entscheiden sich die Mitglieder von DiEM25 dafür, alles zu tun, um eine Machtübernahme der Rechtsextremen zu verhindern

Nach einer Abstimmung aller Mitglieder über die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahlen unterstützt DiEM25 Emmanuel Macron gegenüber Marine Le Pen, bleibt dem derzeitigen französischen Staatschef und seiner Politik gegenüber jedoch weiterhin vehement kritisch.

Fünf Jahre sind vergangen, einmal mehr, stehen die Französ:innen vor einem allzu vertrauten Szenario: Sie müssen sich zwischen der rechtsextremen Rhetorik von Le Pen und der Politik des Establishments von Macron entscheiden.

Beim letzten Mal fühlten sich einige von Macrons Frische angelockt und glaubten, dass seine Ambitionen in Bezug auf die europäische Integration progressive Früchte tragen würden. Schon bald nach seiner Wahl wurde jedoch klar, dass seine Versprechungen nichts weiter waren als ein Kommunikationsmittel.

Die gescheiterten Versprechen des französischen Präsidenten, seine neoliberale Wirtschafts- und  insgesamt unsoziale Politik haben dazu geführt, dass man sich nicht mehr der Illusion hingeben kann, dass Macron irgendeine Art von Progressivität repräsentieren wird. Gleichwohl rechtfertigt das nicht, stattdessen eine autoritäre, rassistische Führerin zu wählen.

Für Macron stimmen und ihn gleichzeitig ablehnen

Das letzte Mal, als Le Pen und Macron in der zweiten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen gegeneinander antraten, hatten Mitglieder des Koordinationskollektivs von DiEM25 die Progressiven in Frankreich vorsichtig doch entschlossen aufgefordert, für Macron zu stimmen, um Le Pen im Amt zu verhindern, nur um ab dem Tag nach der Wahl gegen ihn zu opponieren.

Und nun ist es die gleiche Position, in der sich die Mitglieder von DiEM25 befinden. Sie ziehen es vor, Macron gegen Le Pen zu unterstützen, sind aber weiterhin gegen ihn und seine Politik.

Die gleiche Position wie 2017

Es ist eine ähnliche Position, die wir bei den Wahlen 2017 eingenommen haben, indem wir darauf bestanden, dass die Unterstützung von Macron nicht bedeutet, mit seiner Politik einverstanden zu sein.

DiEM25-Mitbegründer Yanis Varoufakis schrieb vor fünf Jahren eine Kolumne für Le Monde, in der er erklärte, dass der Sieg über Le Pen oberste Priorität habe, während er gleichzeitig wachsam gegenüber Macrons wahrer politischer Agenda bleibe.

“Ich werde mich voll und ganz engagieren, um Ihnen zu helfen, Le Pen zu schlagen, und zwar mit der gleichen Kraft, mit der ich an der nächsten Nuit Debout teilnehmen werde, um mich Ihrer Regierung zu widersetzen, wenn Sie als Präsident versuchen, die Sackgasse Ihres bereits gescheiterten Neoliberalismus fortzusetzen.”

Die derzeitige Lage in Frankreich ist alles andere als ermutigend, aber einen Kandidaten, der das direkte Gegenteil dessen verkörpert, wofür wir stehen, zugunsten des kleineren Übels auszuschließen, ist etwas, worauf wir uns einigen können – vorerst.

Mit dem Schema brechen

Da Europa und die Welt ständig mit solchen Dilemmata konfrontiert werden, und nachdem wir die Le Pen-ähnliche Politik von Macrons Regierung in Bezug auf Einwanderung und die brutale Unterdrückung von Demonstrant:innen in seiner aktuellen Amtszeit gesehen haben, sind wir uns nur allzu bewusst, dass diejenigen, die vorgeben, die Gesellschaft vor Autoritarismus zu schützen, immer mehr wie diejenigen werden, die sie vorgeben zu bekämpfen. Noch nie war DiEM25 so notwendig wie heute, und wir rufen die Progressiven in Frankreich auf, sich uns anzuschließen, um eine linke Bewegung aufzubauen, die genauso transnational ist wie Macrons neoliberales Establishment und Le Pens populistische Fremdenfeindlichkeit. Nur dann können sie besiegt werden.

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Ich habe Bombardierung durch die NATO miterlebt. Hier sind die Fehler, die wir in der Ukraine nicht wiederholen dürfen.

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Die russische Aggression gegen die Ukraine hat weitreichende Verurteilung nach sich gezogen. Doch trotz guter Absichten europäischer Bürger:innen, zu helfen, gibt es auch Fallen aus der Vergangenheit, die es zu vermeiden gilt.

Ivana Nenadović von DiEM25 erläuterte ihre Perspektive darauf, was die Welt von ihrer persönlichen Erfahrung lernen kann, da sie Parallelen zur aktuellen Situation aufweist.

Eine verstärkte Beteiligung der NATO an dem Konflikt gehört zu den populärsten Forderungen, um gegen das Vorgehen Russlands Abhilfe zu schaffen. Da Ivana Nenadović aber in den 1990er Jahren die Bombenangriffe der NATO auf das ehemalige Jugoslawien miterlebt hat, spricht sie ihre Bedenken aus.

“Ich möchte einen anderen Teil des Krieges erwähnen, der immer brutal ist und nie eine Lösung darstellt – mehr Waffen und Geschütze werden keinen Frieden bringen”, sagte sie während der DiEM25-Diskussion darüber, “Wie  der Krieg in der Ukraine beendet werden kann“.

Ivana ist auch besorgt über den gleichzeitig stattfindenden “Krieg der Worte”, der vor allem von der Linken ausgeht. Die Verachtung gegenüber der russischen Regierung sollte nicht auf die normalen russischen Bürger überschwappen.

“Auf der Linken sehe ich dieses Bedürfnis, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen, diese moralische Überlegenheit, dass wir Putin verurteilen werden. Und natürlich sollten wir das tun”, sagte sie. “Aufgrund meiner Erfahrung möchte ich jedoch betonen, dass, wenn wir ‘Russland’ oder ‘Putin’ sagen, dies auch auf die Menschen in Russland übergreift.

“Es gibt fortschrittliche russische Menschen, die seit langem versuchen, diese Unterdrückung zu bekämpfen, so wie wir in Serbien versucht haben, [Slobodan] Milosevic zu bekämpfen, und es auch getan haben, und dann schlussendlich bombardiert wurden.

“Das ist eine große Ungerechtigkeit, von der ich Ihnen sagen kann, es wird nicht viel helfen, aber es ist etwas, das als Ungerechtigkeit wahrgenommen wird, besonders, weil diese ganze Region Osteuropas, Ex-UdSSR, Ex-Jugoslawien für unsere westlichen Freunde sehr schwer zu verstehen und zu begreifen ist.

“Und plötzlich haben wir dieses große Interesse und ‘geopolitische Wissen’ über diese Region, das aus verschiedenen Gründen nicht wirklich existiert.”

Ivana warnt vor allem davor, sich zu weiteren Spaltungen verleiten zu lassen.

“Jede Seite wird ihren eigenen Standpunkt haben. Natürlich gibt es eine Geschichte der Unterdrückung, der Repression und der Feindschaft”, fügte sie hinzu.

“Und was wir als eine internationalistische Bewegung tun sollten, ist, die Menschen einander näher zu bringen und zu verstehen, dass Krieg nicht endet – auch wenn ich hoffe, dass er für die Ukraine und das ukrainische Volk bald zu Ende sein wird, bezweifle ich das. Und selbst wenn morgen ein Friedensabkommen unterzeichnet werden würde – Krieg lebt fort und hat seine Nachwirkungen.

“Ähnlich wie in Ex-Jugoslawien oder Serbien, welches das Erbe Jugoslawiens mit allem, was schlecht war und mit Jugoslawien zu tun hatte, trägt, wird auch das russische Volk noch sehr lange leiden, wenn Putin weg ist und seinen Platz in den Geschichtsbüchern hat.”

Aber wir müssen uns vor weiteren Spaltungen hüten, vor allem auf der linken Seite, auf der Seite, auf der die Menschen fortschrittlich oder humanitär denken. Wir müssen versuchen, nicht noch mehr Spaltungen zu schaffen, als wir leider schon haben.”

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Keine Empörung

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Heutzutage ist jeder beleidigt. In den sozialen Medien kocht die Wut über vermeintliche Beleidigungen hoch. Die Kulturkriege zeigen keine Anzeichen eines Abklingens. Das Overton-Fenster verengt sich. Heilige Kühe werden geschlachtet, links und rechts.

Dafür gibt es zwei Gründe: Das kulturelle Moment, vor allem unter jungen Menschen, hat das Beleidigtsein als Reaktion auf Meinungsverschiedenheiten normalisiert. Und das Establishment erzeugt Beleidigung, um den Status quo zu erhalten.

Was bedeutet das für uns als Aktivist:innen? Und was können wir dagegen tun?

Ein Angriff auf deine Selbstidentität

Beleidigt zu sein ist eine eigenartige menschliche Emotion. Psycholog:innen definieren es als:

ein Gefühl, das durch einen Angriff auf die Ehre einer Person ausgelöst wird, weil er dem Selbstkonzept und der Identität dieser Person widerspricht

D.h., es stellt deine tiefsten Überzeugungen in Frage – das, was du über dich selbst glaubst. Oder einfacher ausgedrückt:

Laut einer Studie der Universität Roma Tre schmerzt es mehr, wenn die Täter:in jemand ist, den man respektiert. Wenn du eine Beziehung zu ihr hast, sogar noch mehr. Und wenn dein Selbstwertgefühl niedrig ist, noch mehr.

Manchmal ist es gerechtfertigt, sich beleidigt zu fühlen. Jeder Mensch hat  Schwachstellen, die von anderen angegriffen werden können, sei es aus Versehen oder nicht. Wenn jemand bemerkt, dass mir die Haare ausfallen oder ich im mittleren Alter nicht mehr in Form bin, werde ich nicht begeistert sein.

Und wir sollten uns immer gegen Intoleranz und Engstirnigkeit wehren und sie anprangern. Das ist Teil einer umfassenderen Strategie, sie zu bekämpfen.

Aber wie ich weiter unten darlege, arbeitet Beleidigung – oder genauer gesagt, was uns dazu bringt, uns beleidigt zu fühlen – fast immer gegen uns. Als Aktivist:innen. Als Teamkamerad:innen. Als Menschen.

„Safetyismus“ und der öffentliche Beschämungszyklus

Ein Großteil des Beleidigt-Seins in den sozialen Medien sieht heute so aus:

X glaubt, dass Y einen ethischen Verstoß begangen hat. X behauptet, er fühle sich beleidigt. Sie sehen Y als engstirnig oder gefährlich an. Sie beschweren sich lautstark, und andere sammeln sich zur Unterstützung.

Eine lose Kampagne beginnt. Die von X und Co. geforderte Wiedergutmachung ist in der Regel eine Entschuldigung von Y. Aber ob Y sich nun entschuldigt oder nicht, damit ist es selten getan. Das “beleidigte” Verhalten von X und Co. eskaliert in der Regel, bis es zu drastischen Konsequenzen für Y führt, wie beim Kreislauf des öffentlichen Beschämens:

Dieser Kreislauf führt dazu, dass immer häufiger versucht wird, Redner:innen von Universitäten auszuladen, unabhängige Podcast-Modorator:innen aus dem Programm zu nehmen,  oder Ansichten ganz zu zensieren. Und in extremen Fällen werden der Ruf und die berufliche Existenz ruiniert. Dies geschieht immer häufiger und mit immer größerem Erfolg.

Warum? Dem Soziologen Jonathan Haidt zufolge hat die “paranoide Erziehung” eine zerbrechliche Generation hervorgebracht, die von der Kultur des so genannten “Safetyismus” durchdrungen ist. Es begann mit der Generation Z – den zwischen 1995 und 2012 Geborenen – und breitet sich nun auf ältere Gruppen aus.

In einer Kultur des Safetyismus sollte man immer auf seine Gefühle vertrauen können und sie um jeden Preis schützen. Wenn also jemand beleidigt wird, ist es, als ob ihm Gewalt angetan wurde. Andere scharen sich um das “Opfer”, und das Gefühl verbreitet sich schnell. Beleidigt zu sein, verleiht einem besondere Rechte unter seinesgleichen.

Eine Kaskade der Empörung

Beleidigung ist Kryptonit für Aktivist:innen. Wenn man beleidigt ist, reagiert man ausschließlich reaktiv. Man schlägt um sich, schießt in alle Richtungen und giert nach Wiedergutmachung. Das lenkt die Aufmerksamkeit vom eigentlichen Ziel ab.

Wenn man beleidigt ist, hat das auch einen Kaskadeneffekt, der psychologisch schädlich ist. Zuerst bist du wütend. Bald bist du wütend, weil du wütend bist und zugelassen hast, dass diese Wut deinen Tag beherrscht. Und von da an wird es nur noch schlimmer. Du wirst eine beschissene Zeit haben, und schlimmer noch – du verpasst die Chance zu lernen und deine Gegner zu verstehen. Eine bessere Aktivist:in zu werden.

Aber das Schlimmste an der Beleidigung ist, dass jemand, der leicht beleidigt ist, leicht manipuliert werden kann. Denn andere können dich dazu bringen, auf eine Weise zu handeln, die du nicht geplant hattest.

Und niemand weiß das besser als das Establishment.

Die Geheimwaffe des Establishments

In den letzten Jahren ist das Establishment in großem Stil in das „Beleidigungs“-Spiel eingestiegen.

Die Fabian Society ist Großbritanniens ältester politischer Think-Tank. In einem ausführlichen Bericht vom letzten Jahr fand sie Beweise dafür, dass das Establishment Kulturkriege schürt, um seine Ziele zu erreichen. Es hat in den USA begonnen, ist in Großbritannien angekommen und wird bald überall zu finden sein.

Es funktioniert folgendermaßen. Das Establishment schreit über einen ethischen Verstoß, den Y (die Täter:in) offenbar begangen hat, oder verstärkt ihn, verpackt in der explosivsten Art und Weise, die möglich ist. Das Ziel ist es, X (die Beleidigte) dazu zu bringen, Y als engstirnig oder gefährlich anzusehen. Und eine öffentliche Beschämungskampagne wie oben beschrieben in Gang zu setzen.

Aus dem Bericht:

Ein anschauliches Beispiel [ist] die immer wiederkehrende Geschichte, dass der Film Grease “gecancelt” wird. Diese Geschichten beruhen auf einer Handvoll Tweets, von denen viele im Scherz gepostet wurden und in denen unstrittig ist, dass das Drehbuch von 1978 veraltet ist. Dies war die fadenscheinige Grundlage für eine Vielzahl von Medien, die diese “Kontroverse” aufgriffen, darunter die Daily Mail, Good Morning Britain, die Metro und Pink News. Diese einzelnen Geschichten mögen zwar harmlos erscheinen, doch sie erwecken – unbeabsichtigt oder nicht – den Eindruck, dass Bewegungen wie #MeToo von Belanglosigkeiten über Musicals besessen sind, anstatt sich in Wirklichkeit gegen Gewalt gegen Frauen einzusetzen.

Der Versuch, dich dazu zu bringen, Anstoß zu nehmen, ist eine kluge Strategie des Establishments. Das muss man ihnen lassen. Es ermöglicht:

  • Politiker:innen ihre Feinde (die Beleidigten) zu karikieren und ihre Wählerbasis zusammenhalten
  • Kommentator:innen mehr Engagement zu erhalten, indem sie von der Kontroverse profitieren
  • Medien und Social-Media-Plattformen durch die Klicks und die Berichterstattung über die Empörung finanzielle Gewinne zu erzielen.

Noch schlimmer ist jedoch, dass das Establishment die Aktivist:innen durch die strategische Erzeugung von Beleidigungen spaltet und zahnlos macht. Sie halten die Aktivist:innen auf die aktuelle Empörung fixiert, unfähig, ihre Projekte durchzuziehen.

 

Anstatt sich dem Establishment dort entgegenzustellen, wo es einen Unterschied machen könnte, wird die wertvolle Energie der Aktivist:innen auf Randthemen und symbolische Ziele umgeleitet. Weg mit Kampagnen gegen Einkommensungleichheit, globale Erwärmung, Armut oder institutionelle Transparenz. Hin zu Kämpfen darüber, ob Footballer:innen auf die Knie gehen und welche kontroversen Statuen stehen bleiben sollten. Während sich die Aktivist:innen gegenseitig in Stücke reißen, um kulturelle Erfolge zu erzielen, bleibt der Status quo erhalten.

Und oft ist der “Angreifer”, den das Establishment diesen fabrizierten Kontroversen voran stellt, eine Partei, die das selbe Establishment gern zu Fall bringen würde. Ob es nun Wikileaks, unabhängige Podcaster:innen oder heterodoxe Ärzt:innen sind.

Das Ergebnis dieser Strategie ist, dass Aktivist:innen, die sich normalerweise dem Establishment widersetzen würden, am Ende die Arbeit des Establishments für sie erledigen. Dabei werden sie als unnahbar gegenüber den Anliegen der einfachen Leute diffamiert. Welch böses Genie!

Noch einmal: Wer leicht beleidigt ist, ist leicht zu manipulieren.

Wie können wir verhindern, dass wir ausgetrickst werden? Und wie können wir es ihnen heimzahlen?


Deine Verteidigung und Vergeltung

Nicht beleidigt zu sein ist eine Superkraft. Wenn du es kultivierst, kannst du verhindern, dass deine Gegner:innen dich an der Nase herumführen.

Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Jeder Mensch ist anders, und ob du leicht beleidigt bist, hängt von deiner Vorgeschichte, deinen verborgenen Schwächen und deinem Selbstwertgefühl ab.

Haidt empfiehlt kognitive Verhaltenstherapie, um sich davor zu schützen, sich beleidigt zu fühlen. Aber was bei mir funktioniert, ist Achtsamkeitsmeditation. Warum:

Gedanken sind der Treibstoff für Emotionen, und Meditation schafft Raum zwischen dir und diesen Gedanken. […] Sobald du die Gedanken identifizierst, die die Emotion hervorrufen, verlieren beide ihren Einfluss auf dich. So kannst du deine Aufmerksamkeit wieder auf dein Endziel lenken.

Der Aufbau einer Meditationspraxis wird dir helfen, zu erkennen, wann das Gefühl, sich beleidigt zu fühlen, in dir aufsteigt. Und es wird dir den Raum geben, dich zurückzuziehen und neu zu bewerten. Beginne mit der App “Waking Up” von Sam Harris und 10 Minuten jeden Morgen.

Wenn du ein Aktivist:innenteam aufbaust, solltest du außerdem auf Menschen achten, die schnell beleidigt sind. Glaube mir, du willst sie nicht dabei haben. Du brauchst Aktivist:innen, die Konflikte leicht hinter sich lassen können und das Ziel im Auge behalten.

Vergiss nicht, dass du dich in einem asymmetrischen Kampf gegen die Macht befindest. Man kann und sollte die Mittel des Gegners gegen ihn einsetzen.

Was auch immer du in der Kampagnenarbeit anstrebst, versuche, das Establishment zu verärgern. Mache es persönlich: Nimm die verantwortliche Person ins Visier, nicht eine Institution oder ein System. Bringe sie zur Weißglut und schreie sie an.

Stelle ihre tief verwurzelten Überzeugungen in Frage. Zwinge sie, sich zu sträuben und taktische Fehler zu machen. Schlage sie in ihrem eigenen Spiel.

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Anmerkungen

  1. Nach der psychologischen Definition handelt es sich technisch gesehen nicht um eine Beleidigung. Es ist eher so, dass X das Gefühl hat, dass Y engstirnige Ansichten hat, und sich darüber ärgert oder ekelt. Aber für unsere Zwecke hier wollen wir es als Beleidigung bezeichnen.

Der Autor ist Berater des Koordinationskollektivs von DiEM25. Eine Version dieses Artikels erschien zuerst im Aktivist:innen-Newsletter Subvrt

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War das schon alles? Über das ambitionslose Ampel-Entlastungspaket

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Aktuell bezahlen wir für die Versäumnisse in der Finanz-, Energie- und Wirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte. Wir brauchen schnelle und gerechte Entlastungen gegen Inflation, eingebettet in eine umfassende Transformation: Den Green New Deal von DiEM25.

Statement des Koordinationsteams von MERA25 und DiEM25 in Deutschland zum neuen Entlastungspaket der Bundesregierung, Inflation und klimapolitischem Versagen

Plus 5,1% in Deutschland, in der Eurozone insgesamt sogar plus 5,9% – so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr fällt sie aus, die Verteuerung der Verbraucherpreise für Februar 2022 im Vergleich zum Vorjahresmonat. Auch für den Rest des Jahres sehen Prognosen ähnlich hohe Preissteigerungen voraus. Die jahrelange Phase der kontinuierlich niedrigen Inflation und der anhaltenden Deflationsängste ist erst einmal vorbei, so viel ist klar.

Die Gründe für diese unangenehme Entwicklung sind hauptsächlich in der Realwirtschaft zu verorten: Konjunkturelle Aufholeffekte nach dem Höhepunkt des weltweiten coronabedingten Gesundheitsnotstands sorgen für Engpässe in den Lieferketten des globalisierten Wirtschaftssystems, weil die Nachfrage der Industrie nach Rohstoffen, Vorprodukten und Energie teils schneller ansteigt als das Angebot auf den Weltmärkten. Geopolitische Krisen wie der Krieg in der Ukraine verknappen landwirtschaftliche Erzeugnisse und sorgen zumindest vordergründig für ein Umdenken, was den Bezug fossiler Brennstoffe betrifft. Kommodifizierung und Spekulation an den Finanzmärkten tun ihr Übriges.

Die Politiker:innen und Bürokrat:innen des EU-Establishments haben sich bei der Einführung unserer Gemeinschaftswährung Euro vor 20 Jahren dazu entschieden, deren Kontrolle dem demokratischen Prozess zu entziehen und in die Hände einer “politisch unabhängigen” Elite technokratischer Notenbanker:innen zu legen. Man mag verleitet sein, darüber zu lachen, wie manche zeitgenössische Kommentator:innen, die regelmäßig die Wichtigkeit einer unabhängigen Geldpolitik betonen, heute in spektakulärer Erregung die Europäische Zentralbank (EZB) anflehen, die Leitzinssätze in der Eurozone zu erhöhen.

Gleichwohl muss nüchtern festgestellt werden, dass die geldpolitischen Maßnahmen der EZB, konkret Nullzins und die Ausweitung der Geldmenge durch Anleihekäufe, nicht für die Inflation verantwortlich sind, die wir momentan bei den Verbraucherpreisen sehen. (Anders verhält es sich im Bereich der Vermögenswerte, wo Inflation zu zunehmender finanzieller Ungleichheit führt; dies muss aber separat betrachtet werden.) Im Umkehrschluss bedeutet das, dass auch eine Kursänderung in der Geldpolitik keine kurzfristige Auswirkung auf die Preisbildung haben würde und besser im Rahmen einer umfassenden Umgestaltung des Geld- und Finanzsystems angegangen werden sollte, um Kollateralschäden zu vermeiden.

Der Schlüssel zur Bekämpfung zu hoher Inflationsraten liegt also anderswo: Langfristig in der Stärkung der wirtschaftlichen Widerstandskraft Europas und Deutschlands durch Aufbau, Ansiedlung und strategische Förderung von Schlüsselindustrien wie z.B. Mikrochip- und Solarzellen-Produktion. Mittelfristig im vollständigen Verzicht auf fossile Brennstoffe als Primärenergiequellen zugunsten Erneuerbarer. Volatile Energiepreise sind der größte Antreiber der gegenwärtigen Verbraucherpreis-Inflation. Ein schnellstmöglicher Vollzug der Energiewende, vorangetrieben durch großangelegte staatliche Intervention und gesellschaftliche Partizipation, wie sie unser Green New Deal für Europa vorsieht, ist der beste Garant für Versorgungssicherheit und Preisstabilität. Wir fordern in unserem MERA25-Grundsatzprogramm Klimaneutralität bis spätestens 2030.

Darüber hinaus gibt es natürlich noch eine ganze Reihe steuer- und sozialpolitischer Maßnahmen, um kurzfristig den Preisdruck zu dämpfen oder zumindest rückwirkend mittels Umverteilung für Entlastung zu sorgen. Das ist auch bitter nötig: Wird das Geld wegen Inflation weniger wert, ohne dass die Löhne im gleichen Maße steigen, sinkt damit die Kaufkraft der Bürger:innen. Untere Einkommensschichten, die einen proportional größeren Anteil ihres Einkommens für lebensnotwendige Konsumgüter ausgeben müssen, trifft dies besonders hart. Hat die Bundesregierung die Menschen hier ausreichend im Blick?

Die nun im “Entlastungspaket II” angekündigten Schritte zur sozialen Abfederung werden, abgesehen von der zeitlich befristeten Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe, von uns ausdrücklich begrüßt. Nachholbedarf sehen wir allerdings bei Rentner:innen, die empörenderweise in der Kalkulation der Regierung nicht berücksichtigt werden. Das Problem einer geringeren Besteuerung von Benzin und Diesel wiederum liegt weniger darin, dass sie Vielfahrer:innen belohnt und klimaschädliche Anreize setzt (die Spritpreise sind aktuell auch ohne die Steuerkomponente sehr hoch und die Preiselastizität der Spritnachfrage ist bekanntermaßen sehr gering), sondern dass die Regierung nicht sagt, wie sie sicherstellen möchte, dass der Steuernachlass zu 100% an die Verbraucher:innen weitergegeben wird und nicht in die Gewinnmargen der Ölkonzerne einfließt.

Hier offenbart sich dann auch, woran es den Vorhaben im Entlastungsentwurf der Ampel-Koalition mangelt – nämlich an der Einbettung in ein ambitioniertes, kohärentes Gesamtkonzept. Anstatt nur an den Symptomen von Krieg, Klimawandel und Inflation herumzudoktern, bedarf es eines Plans, Gesellschaft und Wirtschaft so zu transformieren, dass erzielter Fortschritt stets von Dauer und Grundlage für weiteren Fortschritt ist. Nur einen bestimmten Aggregatzustand des Energieträgers Kohlenstoff zu priorisieren, ändert nichts am zugrundeliegenden System fossiler Wärme- und Stromerzeugung. Nur den Hauptlieferanten von Erdgas zu wechseln und eine Autokratie (Russland) gegen die andere (Katar) auszutauschen, ändert nichts an der Abhängigkeit von Energieimporten. Hier fallen uns die großen Versäumnisse in der Energiepolitik der letzten zwei Jahrzehnte unter Merkel und Schröder auf die Füße.

Um Nachhaltigkeit in der Energieversorgung zu verankern und einen sozialverträglichen Pfad der Dekarbonisierung zu beschreiten, müssen wir die Zuteilung der Energieressourcen innerhalb unseres begrenzten CO2-Budgets demokratisch organisieren. Auf dem freien Markt übernimmt der Preis die Funktion der Güterallokation – wer mehr Geld hat, kann sich mehr leisten. Diese Logik sorgt im Energiesektor, wie wir momentan sehen, unter sowohl klima- als auch sozialpolitischen Gesichtspunkten für ungerechte Verhältnisse. Sprit-, Gas- und Heizölpreise steigen ins schier Unermessliche, ohne dass der Verbrauch maßgeblich abnimmt. Mobilität und eine warme Wohnung sind nunmal ein Grundbedürfnis, auf das die allermeisten Menschen verständlicherweise nicht verzichten können. Inflation erzeugt Armut!

Für uns steht fest: Marktwirtschaftliche Lösungen sind nicht immer die besseren Lösungen. Es wird Zeit, den privaten Energiekonzernen die Infrastruktur unserer Energieversorgung abzunehmen und sie zu vergesellschaften! Die so in subventionierte Genossenschaften oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften umgewandelten Unternehmen würden dann nicht mehr unter Profitzwang operieren und der Preis könnte frei von Schwankungen so gesetzt werden, wie es ordnungspolitisch notwendig wäre, um zuverlässig erneuerbare Energien zu fördern. Als Übergangslösung fordern wir zudem eine effektive Begrenzung der Gewinnmargen aller inländischen Energiekonzerne auf ein vertretbares Niveau mittels einer Steuerbelastung von 110% auf Mitnahmegewinne über der festgelegten Grenze. Und weil wir wissen, dass das mit den regierenden Parteien nicht zu machen ist, arbeiten wir in der Zwischenzeit weiter am Aufbau der politischen Alternative!

Alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind menschengemacht, folglich lassen sie sich auch durch Menschen verändern. Das zu tun, dafür treten wir an. Das wollen wir nicht nur für dich tun – sondern mit dir! Denn Veränderung kommt niemals von oben. Machst du mit? Hier MERA25 Mitglied werden!

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